Direkt bei der Baustelle an der Brücke über die Gießnau steht eine kleine Gruppe von „Stormtroopern“. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite huschen ein Tusken-Räuber und ein Jawa vorbei: Wer an diesem Tag die Kirchheimer Einsteinstraße passiert, fühlt sich unwillkürlich ins „Star Wars“-Universum versetzt. Der Grund für die Anwesenheit der Kostümträger: Im hinteren Bereich der Gaststätte „Zum Hasen“ beim Kleintierzuchtverein in den Siechenwiesen findet die fünfte Kirchheimer Comic- und Film-Börse statt. Ausgerichtet wird sie vom Mila-Verlag in Kooperation mit dem Kirchheimer Verein Teckploitation.
„Gegründet haben wir den Verein im Dezember 2019“, sagt der Vereinsvorsitzende Patrick Götz. Ziel war es, ein Angebot für Fans von Filmen und Videos, Comics und Cosplay im süddeutschen Raum zu schaffen. Dass das gelungen ist, zeigt die fünfte Film- und Comic-Börse in Kirchheim: „Die Leute rennen uns regelrecht die Bude ein“, freut sich Patrick Götz.
Junge und ältere Liebhaber von Comics und Filmen aus Nah und Fern sind gekommen, um zu stöbern, zu staunen und zu fachsimpeln. Tausende Bücher, Hefte und VHS-Kassetten sind sorgfältig in Kisten einsortiert oder liegen aufgereiht auf den meterlangen Tischen. Zwar sind hier und da auch ein paar Micky-Maus-, Donald-Duck- und Lucky-Luke-Comics zu finden. Die meisten Bücher und Filme fallen aber nicht in die Rubrik „Mainstream“: Insbesondere Raritäten und Sammlerstücke für ein Nischenpublikum gehen hier über den Tisch.
Von He-Man bis Barbie
Neben Heften und Büchern sind das auch alte Konsolen, Controller und VHS-Filme. Und Spielfiguren. Martin aus der Nähe von Ulm hat seine original „Masters of the Universe“-Figuren aus den Achtzigerjahren auf einem Tisch ausgestellt. Jede davon ist sorgfältig in eine durchsichtige Schutzhülle verpackt, unter anderem He-Man und die grüne Kampf-Raubkatze.
Martins Sammelleidenschaft hat nostalgische Gründe. „Das war meine Kindheit, und meine Kindheit war geil“, schwärmt er. „Die Sachen in den Händen zu halten – das macht einfach Spaß.“ Er hat noch mehr Schätze mitgebracht: ein „World Wrestling Federation“-Quartett und eine Laser-Disc zum Beispiel – eine der wenig erfolgreichen Vorgängerinnen der DVD. Zwischen all den starken Männern zaubert er dann noch eine schrill pinkfarbene alte Videokassette hervor, die wieder zu neuer Aktualität gelangt ist: „Fit mit Barbie“ steht darauf.
„Bösewichte“, die Gutes tun
Schräg gegenüber sammeln sich nach und nach die Star-Wars-Kostümträger. Sie posieren für Fotos und marschieren immer mal wieder hoch zur Einsteinstraße, um auf die Börse aufmerksam zu machen. Sie alle gehören der „German Garrison“ an, dem deutschen Ableger des weltweiten Kostümclubs „501st Legion“, der sich auf Figuren der imperialen Star-Wars-Seite spezialisiert hat und von Lucasfilm und Disney anerkannt ist.
„Mitglied wird man, indem man sich selbst ein Kostüm baut, das von uns abgenommen wird“, erläutert Timo Schustek aus Geislingen. Voraussetzung ist, dass es so gut wie möglich dem Original aus den Star-Wars-Filmen entspricht. Bis so ein Ewok-, Jawa- oder Stormtrooper-Kostüm fertig ist und allen Ansprüchen genügt, kann es manchmal Monate dauern. Erwartet wird außerdem, dass die Mitglieder an mindestens einem Event pro Jahr teilnehmen.
Unterwegs sind die Kostümträger bei speziellen Star-Wars-Events, auf Comic Cons und anderen Messen. Sie können aber auch für Kindergeburtstage gebucht werden – oder für einen guten Zweck. „Unser Motto lautet: Bad guys doing good“, sagt Timo Schustek. In Deutschland arbeitet der Club eng mit der DKMS zusammen und unterstützt deren Kampf gegen Blutkrebs. Auch lokalen und regionalen Wohltätigkeitsorganisationen steht der Verein auf Anfrage zur Seite.
Zurück zum Verein Teckploitation. Er ist 2019 entstanden, weil es die Gründer satt hatten, für einschlägige Film-Events so weit zu fahren. „Für Filmbegeisterte gibt es in Süddeutschland so gut wie keine Angebote“, erzählt Patrick Götz. Mittlerweile hat der Verein fast 70 Mitglieder und organisiert zwei Mal im Jahr die Comic- und Film-Börse bei den Kleintierzüchtern. Auch einen ersten Film-Abend hat es dort im Frühjahr gegeben. Am 21. Oktober soll nun zum ersten Mal ein Film-Abend in Kino-Format stattfinden, allerdings nicht Kirchheim, sondern im Staufen-Kino in Göppingen. Gezeigt wird „Man Eater II“, ein italienischer Horrorstreifen, der regulär selten in deutschen Kinos laufen wird. „Gerne würden wir auch mal einen Bud-Spencer-Filmabend veranstalten“, sagt Patrick Götz. Eine geeignete Location sucht der Verein noch.
Für die Zukunft schwebt Teckploitation noch etwas vor: „Wir sind Videothekenfans“, sagt Patrick Götz. Der Verein wünscht sich das Videothekenflair nach Kirchheim zurück – nicht als reguläre Ausleihe, aber als Art Museum. Aber auch dafür fehlen aktuell noch passende Räume.
Termine für die nächsten Comic- und Filmbörsen in der Gaststätte „Zum Hasen“ in den Kirchheimer Siechenwiesen sind am 2. März 2024 und am 28. September 2024