Waldbaden, ein Trend aus Japan, ist seit vielen Jahren auch hierzulande kein Fremdwort mehr. Spätestens während der Pandemie haben viele Menschen – oft aus Mangel an Alternativen – entdeckt, wie gut es tut, sich im Wald aufzuhalten.
Dass der Wald beruhigend auf uns wirkt, ist kein Zufall. Zum einen ist es stiller unterm Blätterdach, Zivilisationsgeräusche werden gedämpft. Dazu kommt: „Bäume senden aus Stamm und Blättern biogene Stoffe aus“, sagt Johannes Fischbach, stellvertretender Forstamtsleiter, der die Teilnehmer einer Führung in die Kunst des „Waldbadens“ einführen will. Diese Stoffe, die beispielsweise während eines Waldspaziergangs eingeatmet werden, dienen den Bäumen zur Verständigung. Sie können sich aber auch positiv auf unsere Gesundheit auswirken, wie japanische Forscher herausgefunden haben. „Die Zahl der natürlichen Killerzellen erhöht sich, sie werden auch aktiver. Blutdruck und Blutzuckerspiegel sinken, Stresshormone wie Kortison und Adrenalin werden abgebaut“, sagt Johannes Fischbach. Deshalb fühle man sich nach dem Waldbaden entspannter. In Japan sei Waldbaden eine Anti-Stress-Therapie, die verhindern soll, dass Menschen ernsthaft krank werden, aber auch eine Form der Regeneration nach Krankheit.
Yoga im Wald als Stresskiller
Die Suche nach Ruhe und Erholung führt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Bergwald hinein. Nach ein paar hundert Metern der erste Stopp. Petra Buck, die nicht nur Sekretärin im Forstamt, sondern auch Yoga-Lehrerin ist, leitet die Gruppe zu Yoga-Übungen an. Die Teilnehmerinnen schließen die Augen und lassen den Atem fließen. Der Wald rauscht, Wind lässt Regentropfen auf die Blätter der Bäume prasseln. Das Rauschen der nahe gelegenen Straße tritt immer mehr in den Mittelpunkt.
Schon ein bisschen entspannter stellen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Partnerübung: Eine verbindet der anderen die Augen und führt sie an einen Baum ihrer Wahl. Dann darf der Baum ausgiebig betastet werden. „Es empfiehlt sich auch, den Baum zu umarmen, um eine Ahnung von der Größe zu bekommen“, sagt Johannes Fischbach. Hinterher wird die Person wieder zum Ausgangspunkt geführt und darf raten, welchen Baum er oder sie umarmt hat. „Das ist eine tolle Erfahrung gewesen, die Augen geschlossen zu haben und sich nur vor seinem inneren Auge ein Bild von dem Baum zu machen“, schwärmt eine Teilnehmerin.
Mit Hängematte im Wald
Weiter geht es, durch junge Buchen, mitten in den Wald hinein. Nicht mal einen Trampelpfad gibt es hier. „Wie stehen die Förster denn dazu, wenn Menschen einfach mitten durch den Wald gehen?“, will jemand von Johannes Fischbach wissen. Der hat dazu eine glasklare Meinung, die er auf Paragraf 37 des Landeswaldgesetztes stützt. Dort steht: „Jeder darf Wald zum Zwecke der Erholung betreten.“ Fischbach weiß, dass es vielen Jägern überhaupt nicht passt, wenn Menschen die Wege verlassen und damit Tiere aufschrecken. „Natürlich ist das für die Tiere eine gewisse Störung“, sagt er. Ein Reh könne aber unterscheiden, ob ein Spaziergänger oder ein Jäger an ihm vorbeikomme. „Niemand darf Ihnen verbieten, mitten durch den Wald zu gehen“, macht er den Teilnehmerinnen und Teilnehmern seiner Führung Mut. Erlaubt sei beispielsweise auch, eine Hängematte im Wald aufzuspannen. „Zelten dürfen Sie nicht im Wald“, sagt Fischbach. Und bei Baumfällarbeiten müsse man das betroffene Gebiet natürlich großräumig meiden.
Als nächstes steht ein Perspektivenwechsel auf dem Programm. Die Teilnehmer bekommen einen kleinen Spiegel ausgehändigt, den sie sich auf Höhe der Nasenwurzel waagrecht vor das Gesicht halten. Kippt man den Spiegel etwas nach oben, wird man mit einem fantastischen Blick in die Baumkronen belohnt. Anschließend erwarten unter anderem weitere Yoga-Übungen die Teilnehmer, und zum Abschluss wird ein Wald-Mandala gelegt. Nach vier Stunden werden sie nach Hause entlassen. Und eines ist sicher: Nach solch einem entspannenden Bad ist guter Schlaf garantiert.