Im „Kiosk Bohnet“ in der Ziegelstraße bimmelt ununterbrochen das Glöckchen an der Ladentür. Kundinnen und Kunden stehen Schlange, um große und kleine Pakete abzugeben oder einfach Briefmarken zu kaufen. Auf den ersten Blick könnte man denken, dass der Laden, den Martin und Ursula Bohnet seit 2016 betreiben, gut läuft.
Tut er aber nicht, sagt Martin Bohnet. Von den Paketen und Postdienstleistungen wie dem Postfach, das von zirka 300 überwiegend Unternehmen genutzt wird, könne er allein nicht existieren. Dafür sei die Provision, die die Deutsche Post bezahlt, zu niedrig. Das ist kein Angriff auf das Unternehmen, sondern eine Tatsache, aus der auch die Deutsche Post gegenüber ihren Geschäftspartnern kein Geheimnis mache, sagt Bohnet. „Die Postprovision ist nicht dafür gedacht, dass der Inhaber nur davon leben kann“. Deshalb hat der Kiosk seit jeher zusätzlich Schreibwaren und seit 2021 Getränke, Snacks und Tabakwaren im Angebot. Das werde aber überhaupt nicht angenommen, sagt Bohnet. Im Gegenteil sei er von manchen Postkunden auch noch angefeindet worden, dass Bier „schlechte Kundschaft“ anziehe und nicht in eine Post gehöre. „An vielen Tagen verkaufen wir hier für 10 bis 20 Euro Schreibwaren“, sagt Martin Bohnet. „Das ist einfach zu wenig.“
Weil sie ihr Leben mit dem Kiosk nicht mehr finanzieren können, ziehen Martin und Ursula Bohnet jetzt einen Schlussstrich: Ende Januar 2023 machen sie den Laden zu. Kundinnen und Kunden sowie Unternehmen, die bislang das Postfach nutzen, müssen sich eine neue Anlaufstelle suchen. Denn bislang gibt es keine Nachfolgeregelung. „Die Deutsche Post sucht schon seit Monaten“, weiß Martin Bohnet. Gewerbetreibende in der Umgebung seien angesprochen worden, ob sie die Post nicht in ihr Geschäft hineinnehmen wollen, aber ohne Erfolg. Darüber hinaus suche die Deutsche Post für den Laden in der Ziegelstraße Interessierte, die dort ein Geschäft mit Postfiliale eröffnen wollen. „Bislang waren keine Interessenten da“, sagt Bohnet.
Verwunderlich ist das eigentlich nicht. Denn lukrativ ist das Geschäftsmodell nicht wirklich. Die Deutsche Post zahlt keine Miete, die muss von den Ladenbetreibern allein gestemmt werden. Als Provision erhalte er einen mittleren vierstelligen Betrag pro Monat, plus Umsatzsteuer, sagt Bohnet. Von dieser Provision muss das Ehepaar seine Gehälter und das für eine Aushilfe abzweigen, dazu Miete, Nebenkosten, Krankenkassenbeiträge, Renten- und andere Versicherungen und Leasinggebühren für die Kasse. „Da bleibt fast nichts übrig“, sagt Bohnet. Zuletzt habe er nicht mehr in die Rente einbezahlt, um seine Aushilfe zu finanzieren. Wenn dann noch das Kerngeschäft ausbleibe – also die Kiosk-Einnahmen – sei ganz schnell Ende.
Für die Kundinnen und Kunden ist die Schließung des Geschäfts ein herber Schlag. „Wo sollen denn die Älteren hin?“, sagt eine Kundin. „An der Hauptpost kann man ja nicht einmal parken“. Bohnet hat darauf keine Antwort. Er sagt, dass er häufig versucht habe, seinen Kundinnen und Kunden zu erklären, wie prekär die Situation ist und warum er darauf angewiesen wäre, dass nicht nur Pakete abgegeben werden, sondern auch etwas gekauft wird. „Manche denken, ich mache das zum Spaß mit dem Kiosk“, sagt er.
Das sagt die Post zur Filial-Schließung
Die Suche nach einem neuen Partner für die Post-Filiale läuft, sagt ein Sprecher der Deutschen Post. Es gebe dazu auch schon Gespräche mit potenziellen Interessenten. Der Pressesprecher verweist auf zwei weitere Filialen in Kirchheim: Die Postbankfiliale am Postplatz 1, auch als Kirchheimer Hauptpost bekannt, und eine weitere Filiale in der Isolde-Kurz-Straße 17. Des Weiteren gebe es in Kirchheim noch sieben Paketshops und sieben Packstationen. adö