Kirchheim
Wechsel an der Spitze des Amtsgerichts: Ein Hoch auf die Justiz in Kirchheim

Feierstunde Joachim Spieth hat bereits im November .die Nachfolge von Stefan Kahl als Direktor des Amtsgerichts angetreten. Jetzt ist der Wechsel „amtlich“. Von Andreas Volz

Landgerichtspräsident Hans-Peter Rumler (Mitte) hat Stefan Kahl (rechts) als Direktor des Amtsgerichts Kirchheim verabschiedet und dessen Nachfolger Joachim Spieth (links) ein halbes Jahr nach Dienstantritt nun auch offiziell ins Amt eingeführt.     Foto: Tobias Tropper

Ein Wechsel am Kirchheimer Amtsgericht, der Kontinuität verspricht: Bereits vor einem halben Jahr hatte Joachim Spieth den Posten des Direktors von Stefan Kahl übernommen, gestern nun folgten die offizielle Verabschiedung und
 

Hier in Kirchheim bin ich ein Wiederholungstäter.
Joachim Spieth
zur Tatsache, dass er vor 19 Jahren schon einmal eine neue Stelle am Amtsgericht angetreten hatte

Amtseinführung. Der Führungsstil von Vorgänger und Nachfolger scheint ähnlich zu sein – in jedem Fall wertschätzend –, und am Rednerpult gab es keinen Zweifel daran, dass das Amtsgericht Kirchheim seinen herausragenden Ruf in absehbarer Zeit verlieren könnte.

„Sehr, sehr glücklich“ über den nahtlosen Wechsel seien daher alle Mitarbeiter des Amtsgerichts, wie der stellvertretende Direktor Thorsten Häberlein feststellte. Stefan Kahls Stil sei es gewesen, Probleme bereits zu lösen, bevor sie richtig entstehen, und auch Joachim Spieth falle nicht durch Besserwisserei auf, sondern dadurch, dass er sich erst einmal gründlich in die Sache einarbeite. Die Schonfrist der ersten hundert Tage gebe es allerdings nicht. Der Wechsel des neuen Direktors nach Kirchheim sei nämlich auch mit einem Wechsel vom Strafrecht zum Familienrecht einhergegangen.

Hans-Peter Rumler, der Präsident des Landgerichts Stuttgart, lobte Stefan Kahl ebenfalls für dessen „ruhige, besonnene, stets auf Ausgleich bedachte Art“. Große Herausforderungen in seiner Zeit als Direktor des Amtsgerichts, die im Mai 2017 begonnen hatte, seien die Notariatsreform und die Einführung der elektronischen Akte gewesen, und auch die Corona-Pandemie habe den Direktoren der Amtsgerichte „eine große Last auferlegt“. Aus eigener Erfahrung beglückwünschte er Joachim Spieth zu dessen neuer Aufgabe: „Direktor eines Amtsgerichts zu sein, gehört zu den schönsten Führungsämtern im Justizdienst.“ Noch größer sei das Glück, wenn dieses Amtsgericht dann noch in Kirchheim sei und über eine solche Belegschaft verfüge.

Kritische Töne schlug der Landgerichtspräsident an, wenn es darum geht, dass nicht nur Gerichte über Bürger urteilen, sondern auch Bürger die Gerichte beurteilen. Zu lange Verfahrensdauern stoßen dann auf Unverständnis, nicht zeitgemäße Organisationsformen, unverständliche Formulare oder auch „Regeln vor Gericht, die manchmal fremd erscheinen“. Die Justiz müsse diese Kritik ernstnehmen und überlastete Bereiche entsprechend stützen. Insgesamt aber attestierte Hans-Peter Rumler den Gerichten trotz allem eine „starke Leistungsfähigkeit“.

Auch Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader ist viel daran gelegen, die Justiz zu stärken: „Investitionen in die Justiz sind Investitionen in unsere Gesellschaft und in unsere Demokratie“, sagte er. „Die Unabhängigkeit der Justiz ist extrem wichtig. Sie darf nicht von der Politik gesteuert sein.“ Zudem sei die Justiz auch eine wichtige moralische Instanz.
 

Ein Amtsgericht als „Oase“

Seitens der Polizei hob Kirchheims Revierleiter Jürgen Ringhofer die gute Zusammenarbeit mit dem Amtsgericht ebenso hervor wie Jutta Braun-Ott im Namen der gesamten Anwaltschaft: „Wir Anwälte in Kirchheim sind durch unser Amtsgericht verwöhnt.“ Ihr Kollege Rolf-Rüdiger Most, der am Saxofon für die musikalische Ausgestaltung der Feierstunde verantwortlich war, setzte noch eins drauf: „Das Amtsgericht Kirchheim ist eine Oase. Es macht Freude, hier Anwalt sein zu dürfen.“

Selbst dem Amtsgerichtsdirektor a.D. Stefan Kahl war die Arbeit in Kirchheim ein solches Vergnügen, dass er sich schwer tut mit der Frage, ob er seinen Ruhestand genießen könne. Er lobte die Zusammenarbeit mit der Belegschaft wie auch mit den unterschiedlichsten Professionen – von den Anwälten über die Polizei und das Jugendamt bis hin zu den Klinikärzten. In vielen Gesprächen habe er sehr viel über psychische Erkrankungen gelernt. Polizei und Feuerwehr hätten ihn einmal in herausragender Weise unterstützt, als sein Schlüssel zum Hintereingang des Amtsgerichts klemmte und sich anschließend die Tür nicht mehr schließen ließ.

Anekdotenreich erzählte auch Joachim Spieth aus seinem bisherigen Berufsleben, das ihn von Anfang 2006 bis Ende 2010 schon einmal ans Kirchheimer Amtsgericht geführt hatte: „Ich bin hier also ein Wiederholungstäter.“ Die Kirchheimer Verhandlung gegen den Erpresser von Cindy Crawford habe ihm sogar einmal eine namentliche Erwähnung in der New York Times eingebracht.

Immer wieder sei er an verschiedenen beruflichen Stationen ins kalte Wasser geworfen worden. „Da habe ich ganz schnell schwimmen gelernt.“ Oft gab es am Anfang den aufmunternden Satz: „Das kriegen Sie schon hin.“ In Kirchheim musste das gestern niemand mehr sagen. Dass er es hinkriegt, hat der 49-Jährige bis jetzt noch jedes Mal bewiesen.