Medizin
Wenn Ärzte online Ärger kriegen

Wie gehen Ärztinnen und Ärzte mit Online-Bewertungen auf Google, Jameda und anderen Plattformen um? Wir haben beispielhaft mit drei Medizinern gesprochen.

Zufrieden oder unzufrieden? Online-Bewertungen fallen häufig extrem aus. Symbolfoto: Adobe

Mit 4,8 von 5 Sternen bewerten Google-Nutzer die Kinderarztpraxis Kuhn und Gaißer in Kirchheim. Dieses sensationell gute Ergebnis hat einen Leser, der sich anonym an den Teckboten gewandt hat, misstrauisch gemacht. Er behauptet, dass in den letzten Monaten fast alle negativen Bewertungen im Google-Eintrag der Praxis Kuhn und Gaißer entfernt worden seien, inklusive seiner eigenen. Google haben ihn angeschrieben, dass seine Bewertung wegen Diffamierung gelöscht worden sei. 

Es gibt Erwartungen von Patienten, die man nicht erfüllen kann.

Gordon Hunter, Kirchheimer Hausarzt

Ob das stimmt, und wie viele Sterne die Praxis Kuhn und Gaißer früher hatte, lässt sich nicht mehr überprüfen. Auffällig ist, dass die meisten Bewertungen weniger als ein Jahr alt sind, und dass sich die positiven Bewertungen zum allergrößten Teil auf das umstrittene Schild beziehen, auf dem die Praxis darauf hingewiesen hatte, dass nur Deutsch gesprochen werde. Kinderarzt Ulrich Kuhn schreibt auf Anfrage, dass er zu einer eventuellen Löschung nichts sagen könne, weil sich die Ärzte noch nie mit den Bewertungen beschäftigt hätten. „Wir haben definitiv keine Schritte unternommen, um hier irgendeinen Einfluss zu nehmen“, sagt er. Google antwortet nicht auf konkrete Fragen zu gelöschten Rezensionen und teilt auf Anfrage mit: „Um gegen Inhalte vorzugehen, die gegen unsere Richtlinien verstoßen, sind Mitarbeitende rund um die Uhr im Einsatz und prüfen gemeldete Inhalte.“ Man habe im Jahr 2024 über 240 Millionen Rezensionen, die gegen die Richtlinien verstießen, blockiert oder entfernt.

Fakt ist: Ärztinnen und Ärzte müssen sich auf Jameda, Google oder anderen Portalen nicht beleidigen, verleumden oder beschimpfen lassen. Sie können sich mit der Plattform in Verbindung setzen und verlangen, dass die Rezension gelöscht wird. Der Weilheimer Hausarzt Dr. Wolf-Peter Miehe, dessen Praxis bei Google 4,6 Sterne hat, hat das nach eigener Aussage einmal getan. „Vor mehr als zehn Jahren habe ich mal bei Jameda eine Löschung erwirkt“, sagt er. Die Bewertung sei beleidigend, verleumderisch und inhaltlich falsch gewesen. Mittlerweile beschäftige man sich aber gar nicht mehr mit Online-Bewertungen, weil einfach die Zeit fehle. „Wer mit unserer Arbeit nicht zufrieden ist, kann sich anderswo behandeln lassen. Das kommt aber äußerst selten vor“, sagt Wolf-Peter Miehe. Gemeckert werde jeden Tag an allem möglichen, da brauche niemand Bewertungen im Internet. „Es sind wenige, aber die setzen den Ton und lösen viel in den Praxisteams aus“, findet der Arzt.

Der Kirchheimer Hausarzt Gordon Hunter versucht, einen Mittelweg zu finden. „Die Bewertungen sind uns nicht egal, aber wir stehen ein Stück weit darüber“, sagt er. Juristisch sei man noch nie gegen eine Rezension vorgegangen. Das Hausärztehaus, in dem Hunter Mitinhaber ist, hat auf Google aktuell 3,5 von 5 Sternen. Dass seine Praxis online auch negativ bewertet wird, schiebt der Arzt darauf, dass es Erwartungen von Patienten gebe, die man nicht erfüllen könne. Wenn jemand ohne Untersuchung oder Vorinformationen eine Überweisung für eine Kernspintomographie verlange, könne man diesem Wunsch nicht nachkommen, nennt Hunter ein Beispiel. „Wir sind kein Selbstbedienungsladen für teure und wichtige Untersuchungen“, sagt er. Für Ärger sorge auch immer wieder die angeblich schlechte Erreichbarkeit der Praxis. „Wir haben ein modernes System, aber wenn jemand sich nicht traut, mit der KI zu sprechen und eine Mitarbeiterin verlangt, kann das eben dauern“, sagt Hunter. Als große Praxis versuche man, auch kurzfristige Akuttermine anzubieten. „Das schaffen wir in der Regel auch innerhalb eines Tages oder am nächsten Tag.“
Der Allgemeinarzt betont, dass die allermeisten Patientinnen und Patienten sehr wertschätzend seien. „Wir erleben in der Praxis sehr viel Zufriedenheit, Dankbarkeit, erhalten kleine Aufmerksamkeiten", sagt Hunter. Das seien die Bewertungen, die nicht in der Öffentlichkeit sichtbar seien. „Das sind ursprüngliche, authentische und private Anerkennungen, und die sind deutlich wichtiger“.

Für Kinderarzt Ulrich Kuhn sind schlechte Bewertungen als Arzt unausweichlich. „Meine Arbeit versuche ich so gut wie möglich zu machen, und dazu gehört oftmals auch, im Interesse der Kinder die Wünsche der Eltern abzulehnen“, sagt er. Insofern komme es zwangsläufig häufig zu Unzufriedenheiten. Bewertungen bei Google seien für ihn irrelevant, sagt er, und ergänzt: „Deshalb käme ich nie auf die Idee, die Bewertungen juristisch beeinflussen zu wollen und habe das auch bisher nie getan.“