Kindergartengebühren
Wenn der Kita-Besuch in Kirchheim zum finanziellen Problem wird

Die Reform der Kindergartengebühren in Kirchheim trifft Großfamilien mit vielen kleinen Kindern besonders hart. Wir haben mit einer gesprochen. 

Familie Kenner zahlt ab kommendem Jahr für die Betreuung ihrer drei unter Sechsjährigen mehr als doppelt so viel wie vorher. Foto: Carsten Riedl

Maren Kenner und ihr Ehemann haben fünf Kinder im Alter zwischen einem und 13 Jahren. Beide Eltern sind zusammen zu 170 Prozent berufstätig. Maren Kenner ist Physikerin und arbeitet in Teilzeit als Ingenieurin bei Bosch in Reutlingen. Ihr Ehemann hat eine 100-Prozent-Stelle. Drei Kinder sind unter sechs Jahre alt und werden ganztags betreut. Ein weiteres besucht die Grundschule und das Älteste die weiterführende Schule.

Bisher profitierte die siebenköpfige Kirchheimer Familie von der vierten Gebührenreduzierungsstufe, die die Stadt Kirchheim einmal eingeführt hat, um Großfamilien zu entlasten. Eltern mit vier oder mehr Kindern zahlen noch bis einschließlich Dezember 2025 einen erheblich reduzierten Betrag. Dann aber ist Schluss. Weil der Gemeinderat nicht nur dafür gestimmt hat, die Gebühren insgesamt zu erhöhen, sondern auch dafür, die vierte Gebührenreduzierungsstufe abzuschaffen, werden Krippe und Kita für Familien wie die Kenners, die mehrere Kinder unter sechs Jahren in Betreuung haben, deutlich teurer. Maren Kenner, die es zunächst über die Verwaltung versucht, dort aber keine für sie befriedigende Antwort erhalten hat, hat sich deshalb an den Teckboten gewandt.

Als Eltern von fünf Kindern können wir nicht so viel arbeiten wie andere.

Maren Kenner, Kirchheimerin

Aktuell bezahlt die Familie für die Betreuung ihrer zwei Krippenkinder bei einem freien Träger und des Kindergartenkindes in einer städtischen Einrichtung insgesamt 339 Euro. Dazu kommen Kosten fürs Mittagessen. Ab Januar 2026 erhöhen sich die Betreuungskosten um 458 auf 797 Euro. Mit Mittag­essen werden es dann über 1000 Euro sein, die die Familie für die Ganztagsbetreuung ihrer drei unter Sechsjährigen verkraften muss. 2027 steigen die Gebühren noch einmal an. „Bei den 458 Euro mehr wird es also nicht bleiben“, sagt Maren Kenner.

Die Mutter von fünf Kindern weiß es zu schätzen, dass sie und ihr Ehemann bisher so geringe Kita-Gebühren bezahlt haben. Sie findet es allerdings auch gerecht. Erstens sei das Leben mit vielen Kindern erheblich teurer als mit einem oder zwei. „Und als Eltern von fünf Kindern können wir nicht so viel arbeiten wie andere. Die 170 Prozent sind eigentlich schon zu viel“, sagt sie. Maren Kenner geht es nicht darum, die Gebührenerhöhung per se zu kritisieren. „Wir wollen einen gewissen Standard in der Qualität der Einrichtungen haben, und das geht mit Kosten einher“, sagt die 34-Jährige. „Aber ich sehe es als problematisch an, dass Familien mit vier Kindern und mehr so sehr mehr belas­tet werden.“ 

Stadt spart 41.000 Euro

Durch den Wegfall der vierten Gebührenreduzierungsstufe spart die Stadt Kirchheim 41.000 Euro ein, berechnet auf Grundlage der Zahlen des laufenden Jahres. Das teilt Stadt-Pressesprecherin Doreen Wackler auf Anfrage mit. Familien mit vielen Kindern hätten nicht automatisch weniger Mittel zur Verfügung, liefert sie eine Begründung für die Streichung der Stufe. Das hänge von der Einkommenssituation ab. In Zeiten besonderen Spardrucks stehe die Stadt vor der Herausforderung, öffentliche Mittel bewusst und gerecht einzusetzen.

Angesprochen auf eine Härtefallregelung für Familien wie die Kenners, die für mehrere Kinder Betreuungsgebühren bezahlen, antwortet die Stadt ausweichend und verweist lediglich auf die Möglichkeit, staatliche Unterstützung zu beantragen. „Sorgeberechtigte können prüfen, ob sie förderberechtigt sind, wie im Bereich Wohngeld, Übernahme der Betreuungsgebühren durch die Jugendhilfe oder für Beantragung eines Stadtpasses, der Vergünstigungen für Kinder einräumt“, antwortet Doreen Wackler. Zu diesem Thema hat die Stadt auch einen Elternbrief verschickt. Menschen mit geringem Einkommen zahlen unter anderem vergünstigte Kita-Gebühren. „Auch mit der Beibehaltung der Geschwisterkindermäßigung in drei Stufen und dem Wegfall lediglich der vierten Stufe werden Familien mit mehr Kindern weiterhin entlas­tet“, so Wackler.

Als siebenköpfige Familie mit durchschnittlichem Einkommen sind 458 Euro mehr nicht zu unterschätzen.

Maren Kenner, Mutter von fünf Kindern 

Diese Antwort will Maren Kenner jedoch nicht gelten lassen. „Wir sind finanziell weder an der ganz unteren Grenze noch an der ganz oberen Grenze“, sagt sie. Als siebenköpfige Familie mit durchschnittlichen Einkommen seien 458 Euro mehr pro Monat trotzdem nicht zu unterschätzen. Kenner glaubt, dass viele Gemeinderäte anders abgestimmt hätten, wenn sie gewusst hätten, wie hart der Wegfall der vierten Gebührenreduzierungsstufe kinderreiche Familien wie ihre treffen kann. Diesen Eindruck hat sie aus Gesprächen mit Gemeinderätinnen und -räten gewonnen. „Die Zahlen, die im Gemeinderat vorgestellt wurden, waren deutlich geringer. Da ist man zum Beispiel davon ausgegangen, dass von vier Kindern nur noch eines im Kindergarten ist“, sagt sie. So seien viele Räte vermutlich von einer deutlich geringeren Mehrbelastung ausgegangen. „Ich würde mir wünschen, dass die Stadtverwaltung auf die Einzelfälle schaut und individuelle Lösungen findet“, lautet Kenners Forderung.

Was die Mutter außerdem kritisiert, ist, wie kurzfristig die Gebührenerhöhung beziehungsweise der Wegfall der vierten Gebührenreduzierungsstufe gekommen ist. Mehrere Eltern seien auf Stadträte zugegangen und hätten das ebenfalls so kommuniziert. „Wenn wir gewusst hätten, wie viel wir künftig mehr zahlen müssen, hätten wir wirtschaftlich andere Entscheidungen getroffen“, sagt Maren Kenner, die mit ihrer Familie mitten in einer Haussanierung steckt. „Dann hätten wir den Um- oder Anbau beispielsweise aufgeschoben.“