Das recht überschaubare Publikum rund um den Tempelplatz vor dem ehemaligen Riethmüller-Gebäude schaut, hört und staunt. Aufgeregtes Stimmengewirr in unbekannter Sprache, Erscheinungsbild, Musik, Gerüche, Rauch, Opfergaben aus Blumen und Obst sowie religiöse Aktivitäten, die den Zuschauenden ein farbenfrohes und dennoch ungewöhnliches Bild bieten. Von barfüßigen Hindus, schmuckvollen Frauen in knallbunten Saris sowie Männern im Wickelrock, deren nackte Oberkörper nur selten ein einseitiges Tuch verdeckt.
„Letztes Jahr waren es ein bisschen mehr“, verraten Thurai und Maria Theivendrarajah und ergänzen: „Unser Fest fällt immer in die Urlaubszeit“. Seit nunmehr 15 Jahren gibt es den Verein, genauer gesagt, den nach der „Göttin Amman“ genannten „Sri Kanaka Thurkai Amman Temple“, der 2009 im ehemaligen Riethmüller-Gebäude eingeweiht wurde. Mittlerweile sei dieses Zentrum für mehr als 500 Sri-Lanka-Tamilen aus Kirchheim und Umgebung ein wichtiger Ort.
















Im Tempel befinden sich Altare für die Gottheiten Amman, Ganesha, Muruga, Vairavar sowie ein Altar mit den neun Himmelskörpern. Im Mittelpunkt des 2011 ins Leben gerufenen Festumzugs steht der hölzerne Festwagen, der eigens vom Muttertempel aus Hamm hergebracht wurde. In der Westfalenstadt befindet sich der zweitgrößte hinduistische Tempel Europas. Unter den Zaungästen sind Joachim aus Dettingen und Marianne aus Owen, die aus „Interesse zu den Bräuchen“ zum ersten Mal vor Ort sind, aber schon vier Mal in Indien waren.
Zugewandte Menschen
„Ich habe ein gutes Jahr lang in Singapur gelebt, mein Mann war da beruflich“, verrät Ingrid aus Kirchheim und ergänzt: „In diesem Land hat mich vieles beeindruckt.“ Die heute 77-Jährige nennt unter anderem das „Thaipusam-Hindu-Fest der Schmerzen“, bei dem sich „Tamilen ohne Betäubung an Fleischerhaken im Rücken aufhängen würden“. Auch Sabine und Sven entschieden sich 2023 für einen Urlaub im Indischen Ozean. „Mein Mann wollte nach Sri Lanka und ich auf die Malediven“, verraten die beiden. „Wir haben sympathische, freundliche und zugewandte Menschen kennengelernt und vieles aus ihren Bräuchen erfahren. So sollte man sich nicht vor einer Statue mit dem Rücken hinstellen und ein Selfie machen, sonst flippen sie aus“, erzählt das Kirchheimer Ehepaar, das nun nach Nellingen radelt, wo frische Zwetschgenknödel warten.