Kirchheim
Wenn im Hotel Fuchsen in Kirchheim der Keller unter Wasser steht

Starkregen Auch Familie Kübler hat das Hochwasser getroffen. Außerdem: Nach Ebersbach führte kein Weg zurück und in Wiesensteig herrschte Nervenkitzel. Von Bianca Lütz-Holoch, Katja Eisenhardt und Peter Eidemüller

Friederike und Matthias Kübler mussten zu Eimern greifen, im Keller des Hotel Fuchsen das Hochwasser in Schach zu halten. Foto: privat

Seit Samstag laufen die Pumpen im Keller des Kirchheimer Hotels Fuchsen auf Hochtouren – und trotzdem steht in zwei Räumen immer noch das Wasser. Das stammt allerdings nicht aus der Lindach, wie Geschäftsführer Matthias Kübler weiß: „Sie ist bei uns nicht über die Ufer getreten“, sagt er. Vielmehr dringe das Grundwasser überall durch Ritzen in den Wänden der Natur- und Ziegelkeller, die noch aus dem Fünfziger- und Sechzigerjahren stammen.

 

Im Baumarkt waren Pumpen und Schläuche schon ausverkauft.
Matthias Kübler
Der Fuchsen-Chef hat am Montag versucht, eine weitere Pumpe zu ergattern.
 

Als sich Matthias Kübler am Samstagvormittag auf den Weg in den Keller macht, hört er es gleich plätschern. „Ein großer Raum stand zu dem Zeitpunkt schon 80 Zentimeter unter Wasser“, erzählt er – nicht mehr allzu weit entfernt von Geräten und Installationen an den Wänden, unter anderem für die Klimaanlage. Um sie vor dem Wasser zu schützen, kremplen die Küblers kurzerhand die Ärmel hoch. „Wir sind mit der ganzen Familie in den Keller gegangen und haben mit Eimern Wasser geschöpft, immer von Pumpensumpf zu Pumpensumpf“, berichtet der Fuchsen-Chef.

Eine Pumpe ist im Keller unter dem Altbau ohnehin fest installiert, denn immer wieder mal wird es bei Starkregen dort nass. Die Wassermassen an diesem Wochenende konnte sie aber nicht bewältigen. Also besorgte Matthias Kübler eine zweite Pumpe. Ausreichend war das immer noch nicht. Mittlerweile ist ein zweiter, noch größerer Raum betroffen. „Dort steht das Wasser etwa 40 Zentimeter hoch.“

Eine dritte Pumpe sollte helfen, das Wasser bis Mittwoch oder Donnerstag aus dem Keller zu bannen. Eine Pumpe jedoch fiel aus und sorgte offenbar auch noch für einen Kurzschluss. Einfach eine neue kaufen? Quasi unmöglich. „Im Baumarkt waren Pumpen und Schläuche am Montag schon ausverkauft“, so Kübler.

Danach muss alles trocknen

Selbst wenn das Wasser vollständig abgepumpt ist, geht es weiter: „Danach muss alles trocknen“, gibt Matthias Kübler zu bedenken. Was er von den Fliesen, Lampen und Teppichböden, die in dem Keller lagern, überhaupt noch verwenden kann, weiß er nicht. 

Wie viel Wasser da am Wochenende vom Himmel gekommen ist, konnten die Küblers als Anrainer der Lindach auch an deren Wasserstand beobachten. „So hoch habe ich den Pegel dort schon lange nicht mehr gesehen“, sagt Matthias Kübler. „Das Wasser hat fast bis zur Brücke an der Schlier­bacher Straße gereicht.“

Kein Weg zurück nach Ebersbach 

Was am Sonntagnachmittag in Ebersbach zunächst noch unter Kontrolle schien, entwickelte sich nach weiteren starken Regenfällen innerhalb kürzester Zeit in einen kompletten Ausnahmezustand, der Teckboten-Redakteurin Katja Eisenhardt – wohnhaft in der Fils-Gemeinde, zu der Zeit aber auf Besuch in Hochdorf – am Sonntagabend über Nachrichten der Verwandtschaft in Ebersbach erreichte: „Die Bilder und Videos der völlig überfluteten B 10 und des durch einen Dammbruch massiv gefluteten Teilorts Sulpach waren erschreckend. Ein Teil der Strecke, die ich am Mittag noch gefahren war, stand komplett unter Wasser.“ Zurück nach Hause führte an dem Abend kein Weg mehr, zu unübersichtlich war die Lage. Erst am Montagvormittag ging es über die Nachbargemeinde Reichenbach und den Schurwald zurück nach Ebersbach. 

Furcht an der Fils

Steigende Wassermassen haben auch die Menschen in Wiesensteig übers Wochenende in Atem gehalten. Einer davon: Max Pradler, freier Teckbotenmitarbeiter, der mit Frau und Kind bange Stunden im neu erbauten Eigenheim an der Fils erlebte.

„Normalerweise liegt der Pegel bei unter 30 Zentimetern“, berichtet der gebürtige Kirchheimer, „aber in der Nacht auf Samstag waren es innerhalb weniger Stunden 88.“ Überflutete Straßen und Spielplätze in der gesamten 2100-Einwohner-Stadt waren nur eine Folge. Durch die sintflutartigen Regenfälle hatte es auch einen Erdrutsch auf der Neidlinger Steige gegeben, der in Kombination mit der gesperrten Hauptstraße Richtung Mühlhausen für Verkehrsprobleme sorgte. „Man konnte den Ort nur über Schleichwege Richtung Westerheim verlassen“, so Pradler, bei dem vor allem die Nacht auf Samstag für sprichwörtlichen Nervenkitzel sorgte. „In der Dunkelheit war das Rauschen immer lauter geworden, ich bin alle halbe Stunde in den Garten, um zu schauen, ob und wie hoch das Wasser weiter steigt.“

Pradler war dabei längst nicht der einzige, der auf den Beinen war: „In beinahe jedem Haus hat Licht gebrannt, die Menschen waren sehr achtsam.“ Dass nicht mehr passierte, so wie über 50 Kilometer weiter flussabwärts in Ebersbach, war auch der Freiwilligen Feuerwehr im Ort zu verdanken. „Die waren im Dauereinsatz und haben regelmäßig alles kontrolliert“, lobt Pradler, den das Wochenende vor allem eins gelehrt hat: Respekt. „In solchen Situationen merkt man erst, was Naturgewalten anrichten können.“