Medizin
Wenn Patienten Ärzte versetzen

Was nicht abgesagte Termine für Arztpraxen bedeuten und wie man den Leerlauf möglichst vermeiden kann, schildern Kirchheimer Mediziner. 

Manche Facharztpraxen kämpfen mit öfter nicht abgesagten Terminen. Das birgt organisatorische Probleme und sorgt für Verdienstausfälle. Symbolfoto: stock.adobe.com/Benjamin Nolte

Man hat einen Termin beim Facharzt, teils vielleicht einige Wochen darauf gewartet, und dann kommt etwas dazwischen. Normal wäre es, den Termin abzusagen. Tatsächlich verfallen die begehrten Termine aber häufig unentschuldigt, was für die Praxen und andere Patien­ten, die auf einen Termin warten, dann sehr ärgerlich ist. Bestätigen kann das Silke Roßkopf, Fach- und Oberärztin für Neurologie und Psychiatrie. Sie ist zu je 50 Prozent an der Medius-Klinik in Kirchheim und in der seit September geöffneten Neuropraxis im MVZ Nürtingen beschäftigt. „In der Praxis ist das aktuell ein großes Problem mit den nicht abgesagten Terminen. Das waren kürzlich in einer Woche mal acht Fälle, ansonsten im Schnitt vier pro Woche“, berichtet Roßkopf. „Gerade für die psychiatrischen Erstgespräche werden schon zwischen 30 und 45 Minuten eingeplant. Wird der Termin dann gar nicht oder nur sehr kurzfristig abgesagt, haben wir einen Leerlauf. Das ist dann sehr ärgerlich und bedeutet zudem einen nicht geringen Verdienstausfall“, betont die Medizinerin. Für die nicht abgesagten Termine eine Ausfallgebühr erheben zu können, fände Silke Roßkopf sinnvoll, „allerdings dürfte das mit keinem zu großen bürokratischen Aufwand verbunden sein“. Angedacht sei, zumindest mal eine Warteliste anzulegen mit den Patientinnen und Patienten, die gegebenenfalls auch kurzfris­tig einen Ausfalltermin wahrnehmen können. „Wir sprechen diejenigen, die ihren Termin nicht absagen, darauf an. Viel verändert hat sich dadurch aber bisher nicht“, so Roßkopf. 

Strafgebühr ist zu bürokratisch

Kai Sonntag, Leiter des Stabsbereichs Kommunikation bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, bestätigt auf Nachfrage, dass eine Zunahme der nicht abgesagten Termine in Facharztpraxen bereits seit ein paar Jahren gemeldet werde. Woran das konkret liege, sei schwer zu sagen. „Sicherlich liegt es teilweise daran, dass die Termine lange im Voraus geplant werden. Es ist aber auch ein Zeichen der Zeit, dass sorgloser mit solchen Fragen umgegangen wird“, sagt Sonntag. Keine Erkenntnisse habe man bei der Kassenärztlichen Vereinigung dazu, ob das Problem der nicht abgesagten Arzttermine in manchen Fachbereichen häufiger auftrete als in anderen.

Kai Sonntag, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Foto: pr

Ein Ausfallhonorar können die Praxen laut Kai Sonntag nicht so ohne Weiteres erheben: „Die Praxis müsste einen konkreten Schaden nachweisen, was in vielen Fällen schwierig ist. Das könnte etwa bei einer ambulanten OP der Fall sein, wenn das ganze Team nicht tätig werden kann, sollte der Patient oder die Patientin nicht zum vereinbarten Termin erscheinen.“ Solche Ausfälle seien sehr ärgerlich, betont Sonntag, „denn wir haben in den Haus- und Facharztpraxen einen enormen Termindruck. Die Wartezimmer sind voll, teilweise müssen Patienten lange auf Termine warten.“ Eine Strafgebühr, wie sie von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Falle der nicht abgesagten Arzttermine gefordert wurde, müsse einfach und unbürokratisch erhoben werden können, erklärt Kai Sonntag: „Genau hier liegt das Problem.“ 

Der Kirchheimer Urologe Dr. Marc Armbruster nutzt in seiner Praxis die App Doctolib: „Dadurch kommt es tatsächlich bei uns sehr selten zu einem unentschuldigten Nichterscheinen hier in der Praxis. Patienten können über die App den Termin stornieren“, erklärt der Facharzt. Dadurch habe ein anderer Patient die Option, online früher einen Termin zu reservieren.

Online-Terminplanung hilft

Dr. Ahmad Zhour leitet mit seinem Kollegen Dr. Jonas Ehrhardt eine Privatpraxis für Augenheilkunde in Kirchheim. Das Problem nicht abgesagter Termine kennt auch er aus dem eigenen Praxisalltag kaum. „Das kommt sehr selten vor, unsere Patienten sind da sehr gewissenhaft. Falls nötig, sagen sie rechtzeitig ab.“ Es gebe eine gute Verbindlichkeit von beiden Seiten: „Die Termine sind bei uns gut organisiert, sodass man nicht lange auf einen warten muss. Das ist das A und O“, sagt der Facharzt. 24 Stunden vor ihrem Termin bekommen die Patienten zudem eine elektronische Erinnerung, auf die sie direkt antworten können, sollte etwas dazwischengekommen sein. „In dem Fall haben wir genug zu tun und können den Ausfall kompensieren. Allein schon durch die Notfälle, die täglich dazukommen“, erklärt Ahmad Zhour.