Kirchheim. Gleich vorneweg: Alles an diesem Abend sollen laut Werner Koczwara „wahrhaftige juristische Begebenheiten und Texte sein“, Paragrafen, Gerichtsurteile sowie deren jeweilige Begründungen. Mal aus einem der drei juristischen Hauptwerke vorgelesen, mal auswendig dahingeschmettert, unter anderem aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch. „Dem Vergleich mit der Bibel hält es nicht stand, denn die wurde ins Deutsche übersetzt“, erklärt Werner Koczwara, der sich fortan sarkastisch-spottend den „real existierenden Gesetzen“ widmet. „Das wichtigste deutsche Gesetz, das Bundes-Rasenmäher-Gesetz, schreibt vor, dass das Mähen nach 22 Uhr strengstens verboten ist“, klärt der 66-Jährige auf und schiebt für alle Besitzer eines Gewehrs nach: „Laut Jagdrecht dürfen schlafende Vögel nicht erschossen werden.“
Weiter geht’s durch den Paragrafendschungel, auch das Thema Scheidung kommt im „BGB § 1314 Abs. 2 Nr. 1“ zum Zuge. „Eine Ehe kann ferner aufgehoben werden, wenn sich bei Eheschließung zumindest ein Ehegatte in einem Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand“, berichtet Werner Koczwara und schiebt nach: „Oder ein Ehegatte bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt.“ Im Minutentakt haut er weitere skurrile Urteile raus. „Stirbt ein Beamter auf einer Dienstreise, ist diese beendet“ oder „Samenspenden müssen nicht versteuert werden“. Richtig verzwickt wird es beim juristisch genannten „Ohnbeiner“, ein zweifach Beinamputierter, bei dem nicht klar ist, wo man seine elektronische Fußfessel anlegen soll. Schwarze Themen, die Werner Koczwara zu genießen scheint.
Zum Brüllen komisch sind auch die authentischen Klagen zum Reiserecht. Um einen schönen Urlaub zu verbringen, buchten ein Kläger und seine Lebensgefährtin ein Doppelzimmer. Doch anstatt des erwünschten Doppelbetts gab es zwei Einzelbetten, die nicht miteinander verbunden waren. „Bereits in der ersten Nacht habe er feststellen müssen, dass seine Schlaf- und Beischlafgewohnheiten empfindlich beeinträchtigt worden seien“, klärt Werner Koczwara auf. „Ein friedliches und harmonisches Einschlaf- und Beischlaferlebnis sei während der gesamten 14-tägigen Urlaubszeit nicht zustande gekommen – weil die Einzelbetten, die zudem auf rutschigen Fliesen standen, bei jeder kleinsten Bewegung mittig auseinandergegangen seien. Der Kläger verlangte Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.“
Man hatte als Bastions-Publikum sofort Bilder vor Augen und schmiss sich weg vor Lachen, doch es ging weiter. Die Klage wurde zurückgewiesen mit der Begründung: „Der Kläger habe nicht dargelegt, welche besonderen Beischlafangewohnheiten er habe, die ein festes Doppelbett voraussetzen. Dem Gericht sind mehrere Variationen des Beischlafs bekannt, die auf einem einzelnen Bett ausgeübt werden können und zwar durchaus zur Zufriedenheit aller Beteiligten“, nennt Werner Koczwara die Begründung und muss aufgrund der Lachsalven immer wieder kurze Pausen einlegen. Da beide Matratzen auf einem Metallrahmen lagen, hätte es nur wenige Minuten gebraucht, diese mit einer Schnur zu verbinden. Bis zur Beschaffung dieser Schnur, hätte sich der Kläger beispielsweise seines Hosengürtels bedienen können, „denn, dieser Hosengürtel wurde in seiner ursprünglichen Version in dem Augenblick nicht benötigt.“ Dem bleibt nichts mehr hinzuzufügen. Sabine Ackermann

