Beleuchtung
Wie dunkel darf es in der Kirchheimer Innenstadt sein?

Die Stadt Kirchheim, die evangelische Kirchengemeinde und Geschäfteinhaber verzichten im Sommerhalbjahr auf die Beleuchtung ihrer Gebäudefassaden. Gründe sind nicht nur die Kosten. 

Fassadenbeleuchtung gibt es in Kirchheim nur noch während besonderer Veranstaltungen wie dem Sommernachtskino. Archivfoto: Carsten Riedl

Wenn die Sonne weg ist, kann es in den Gassen der Kirchheimer Altstadt ganz schön dunkel werden. Während vor Beginn des Ukraine-Krieges und der Energiekrise viele Häuserfassaden angestrahlt wurden, ist das mittlerweile kaum noch der Fall.

Damit verhalten sich die Eigentümer gesetzeskonform, denn laut dem Beleuchtungsverbot, das im Naturschutzgesetz Baden-Würt­temberg festgelegt ist, ist das Anstrahlen von Fassaden zwischen dem 1. April und dem 30. September verboten. Das gilt nicht nur für Gebäude in öffentlicher Hand wie beispielsweise das Rathaus oder das Kornhaus, sondern auch für gewerbliche und private Gebäude sowie für Kirchen. Ziel ist der Schutz von Tieren, die die Dunkelheit brauchen, zum Beispiel Fledermäuse und Nachtfalter. Auch das Klima soll dadurch geschont werden. 

Die evangelische Kirche geht sogar noch weiter. Laut Dekan Chris­tian Tsalos verzichtet sie nicht nur im Frühjahr und Sommer auf Beleuchtung, sondern ganzjährig. „Damit wollen wir Stromkosten einsparen und Rücksicht auf die Anwohner nehmen, die durch die Helligkeit gestört werden“, sagt Tsalos. Außerdem gehe es darum, Dunkelheit beispielsweise für die Fledermäuse in der Martinskirche zu schaffen. Um die Kirchengebäude zukünftig klimaneutral zu machen, habe man auch im Inneren der Martinskirche auf stromsparende LED-Technik umgestellt. 

Auch die Stadt Kirchheim hält sich an das Verbot. „In Kirchheim werden keine Gebäude und Fassaden mehr beleuchtet“, sagt Stadt-Sprecherin Doreen Edel. Die Stadt habe die Netze BW beauftragt, sämtliche Beleuchtungen abzuschalten. Die Umsetzung sei Anfang April erfolgt. Ausnahmeregelungen, beispielsweise für städtische Wahrzeichen wie das Rathaus, gebe es nicht.

Wie steht die Stadt zum Beleuchtungsverbot? Wäre es für das Sicherheitsgefühl von Bürgerinnen und Bürgern nicht besser, wenn die Fassaden weiterhin beleuchtet würden? „Bei der Fassadenbeleuchtung handelt es sich lediglich um eine Effektbeleuchtung, die nicht direkt der Sicherheit dient“, so die Antwort der Stadtverwaltung. Dafür sei die Straßenbeleuchtung verantwortlich, die weiterhin in Betrieb sein werde. „Das Beleuchtungsverbot basiert auf dem Naturschutzgesetz. Ziel ist es, Insekten und andere Tierarten zu schützen und dem Artensterben entgegenzuwirken“, sagt Stadt-Sprecherin Doreen Edel. Jedes Licht, das weiterhin leuchte, beeinflusse den natürlichen Lebensraum der Tiere. Die Stadtverwaltung Kirchheim gehe mit gutem Beispiel voran und verzichte bewusst auf die Beleuchtung von Fassaden und Gebäuden.

Bleibt die Frage, wer überwacht, ob private Eigentümer dem Beispiel folgen oder das Gesetz einfach ignorieren. „Eine gezielte Kontrolle findet nicht statt. Die Stadtverwaltung setzt auf die Eigenverantwortung der Eigentümerinnen und Eigentümer“, so die Stadt.

Die Händlergemeinschaft City-Ring, die ein großes Interesse an einer attraktiven Innenstadt haben muss, spricht sich für eine differenzierte Regelung aus. „Die Fassadenbeleuchtung an Gebäuden sollte künftig tatsächlich ausgeschaltet bleiben“, sagt Michael Knei­le, Vorsitzender des City-Rings. Ein Großteil der Strahler sei ohnehin defekt. Anders sehe es bei der Straßen- und Schaufensterbeleuchtung aus. „Die Straßen­beleuchtung sollte unserer Meinung nach die ganze Nacht und die Schaufensterbeleuchtung im Sinne eines einheitlichen Erscheinungsbilds durchgehend bis 22 Uhr eingeschaltet bleiben“, sagt er. Während der Corona-Pandemie und der Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges habe man die Beleuchtung stark reduziert, was jedoch zu erheblicher Kritik aus der Bevölkerung geführt habe. „Die Innenstadt wurde als zu dunkel empfunden. Das hat das subjektive Sicherheitsgefühl vieler Bürgerinnen und Bürger stark beeinträchtigt“, so der City-Ring-Vorsitzende.

Eine gezielte, moderate Beleuchtung trage somit nicht nur zur Attraktivität und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt bei, sondern auch zur Erhöhung des Sicherheitsempfindens. „Gleichzeitig wird durch das Abschalten der Fassadenbeleuchtung weiterhin ein Beitrag zur Energieeinsparung geleistet“, so Michael Kneile.