Galerien und Museen präsentieren meist das fertige Kunstwerk. Moderne Kunst thematisiert aber auch den Vorgang der eigenen Produktion. Malspuren verleihen Ölbildern eine regelrechte Topografie, Bohrlöcher an einer Steinskulptur fungieren als sichtbare Zeugen ihrer Herstellung. Oft verlangt der künstlerische Prozess intensivsten Einsatz. Inspiration allein reicht nicht. Auch Kraft, Ausdauer und Erfahrung im Umgang mit dem künstlerischen Material sind gefragt.
Wie erleben regionale Kunstschaffende ihre ganz persönlichen Kreativprozesse? In seinem Lenninger Atelier ist Rainer Hoffelner mit einer Auftragsarbeit beschäftigt. „Pop Art“ lautet deren Titel, und genau so soll das fast drei Meter breite Bild auch aussehen. „Der Detailreichtum hier ist schon enorm“, meint Hoffelner, der trotz der großen Fläche immer wieder auf einzelne Stellen fokussiert. „Das Bild ist extrem kleinteilig und wächst Stück für Stück zusammen“, erläutert er sein Vorgehen. So planvoll er dabei arbeitet, so offen ist er auch für das, was der Prozess ins Bild hineinträgt. Durch Überschneidung von Konturen entstehen unvorhergesehene, komplett neue Elemente. „Es ist spannend, im eigenen Bild etwas Neues zu entdecken, das man dann gezielt herausarbeiten kann“, sagt Hoffelner. Beim Portraitmalen sei das anders. Da lasse die erforderliche Nähe zum Motiv solche Spielräume nicht zu. Mehr als 100 Arbeitsstunden hat er bereits in sein Pop-Art-Bild investiert. Ist das Vormalen eher der kreative Prozess, betrachtet er das Ausmalen als Handwerk. Bis zu sechs Stunden dauert eine Sitzung. „Danach kann ich oft die Hand nicht mehr bewegen“, sagt er und verweist auf die körperliche Intensität, die das Malen mit sich bringt. Gerne taucht Hoffelner auch mit Publikum in den kreativen Fluss ein. In den USA stand er bei der „Art Miami“ auf der großen Showbühne. Auf Fachmessen malt und zeichnet er öffentlich. „Was dabei entsteht, ist künstlerisch gültig.“
Auf der Bühne malt Sabine Fleischmann zwar nicht. Ihr Atelier in Holzmaden ist aber dennoch ein öffentlicher Ort, der neben der eigenen Kunst auch dem Unterricht dient. Ohnehin hat die Malerei für Fleischmann viel mit Kommunikation zu tun: „Kunst ist eine Form von Sprache“, sagt sie, „ich erzähle etwas von mir und meiner Sicht auf die Welt.“ Zu Beginn des kreativen Prozesses stehe bei ihr immer ein „Zündfunken“. Eine Inspiration, die sich auch schon mal beim Duschen, in Gesprächen oder während der Pinselwäsche einstellt. Solche Bilder im Kopf gerinnen zu Skizzen, die der Malerin als visuelle Notizen dienen. Die Skizze überträgt sie auf Leinwand oder Holz und legt das entstehende Ölbild mit verdünnten Lasuren an. „Wenn ich im Malfluss bin, geht es sehr schnell, weil ich das Bild bereits gedanklich vorgemalt habe“, sagt sie. Wichtig sei es dann, einen ästhetisch stimmigen Abschluss zu finden. „In einem guten Bild sind Schweiss, Blut und Tränen“, meint sie. Der Schweiss fließt bei der Arbeit und im Herzblut liegt für Sabine Fleischmann der Unterschied zwischen Kunst und Deko. Und die Tränen? „Beim Malen muss man auch eigene Niederlagen überwinden“, erzählt sie, „es ist ja nicht so, dass einen ständig die Muse küsst“.
Entmutigen lässt sie sich von solch existenziellen Erfahrungen jedoch nicht. „Da kommen immer wieder neue Ideen, neue Verrücktheiten“, ist sich Fleischmann sicher. Überzeugt ist sie von der vitalen Kraft des künstlerischen Hervorbingens: „Prozess ist ein Zeichen für Lebendigkeit.“