Kirchheim
Wie kann die Tötung von Frauen verhindert werden?

Vortrag Die Journalistin Margherita Bettoni hat auf Einladung der VHS online zum Thema Femizid referiert.

Kirchheim. Am 16. Februar hat in Kirchheim ein 59-jähriger Polizist erst seine Ex-Frau und anschließend sich selbst erschossen. Wie solch ein Femizid, die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, verhindert werden könnte, darüber sprach die Investigativjournalistin Margherita Bettoni beim Online-Vortrag der VHS „Warum Männer Frauen töten und was wir dagegen tun müssen“.

Margherita Bettonis journalistische Schwerpunkte liegen in der Berichterstattung über organisierte Kriminalität und sexualisierte Gewalt. Zusammen mit Laura Backes hat sie das Sachbuch „Alle drei Tage. Warum Männer Frauen töten und was wir dagegen tun müssen“ veröffentlicht.

Bei ihrem Online-Vortrag erläuterte sie, was der Anlass für ihr Buch war: „Das Thema Femizid wurde viele Jahre in Deutschland kaum thematisiert und strukturell analysiert. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, für unser Buch den Begriff Femizid zu benutzen, da andere Begrifflichkeiten wie Eifersuchtstat, Beziehungsdrama oder Familientragödie verharmlosend oder fehl am Platz sind“, so Margherita Bettoni. Femizide werden besonders häufig durch männliche Partner oder Ex-Partner verübt. Der Begriff Femizid kommt aus dem Englischen, wurde bereits 1976 von der Soziologin Diane Russell geprägt und bezeichnet die vorsätzliche Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts. In den Duden schaffte es der Begriff jedoch erst 2020. Risikofaktoren, die einen Femizid begünstigen könnten, sind laut Margherita Bettoni kontrollierendes Verhalten des Täters, häusliche Gewalt, Drohungen, Stalking, Vergewaltigung, Drogenkonsum des Täters und eine Trennungssituation. „Diese Trennung, die meist von den Frauen ausgeht, ist ein gefährlicher Moment für die Frauen, sie gehen damit ein großes Risiko ein, dessen sie sich oft nicht bewusst sind. Umso wichtiger ist es, dass auch das soziale Umfeld hellhörig wird. Denn ein Femizid ist in den meisten Fällen keine spontane Tat.“ Wenn man sich die Zahlen des Bundeskriminalamts zu Tötungsdelikten innerhalb von Partnerschaften anschaut, werden in acht von zehn Fällen Frauen von ihrem Ex-Partner umgebracht. „Die meisten Frauen kannten ihren Mörder also, alle drei Tage wird in Deutschland eine Frau durch ihren Ex-Partner ermordet“, so Margherita Bettoni.

Femizide entstehen nicht durch spontane Ideen, sind laut Margherita Bettoni keine „Verbrechen aus Leidenschaft, sondern geplante Taten, bei denen der Täter ein kontrollierendes Verhalten gezeigt hat. Und vorher Sätze wie ,du gehörst mir, wir werden für immer zusammen sein‘ gefallen sind“. Die Trennung vonseiten der Frau und der dadurch einsetzende Kontrollverlust beim späteren Täter seien dann oftmals der Auslöser für die Eskalation, die zum Femizid führt.

Kein eindeutiges Täterprofil

Margherita Bettonis Untersuchungen zufolge gibt es kein eindeutiges Täterprofil, die Täter kommen aus verschiedenen Kulturen, Gesellschaftsschichten, Ländern. Gemeinsam haben die Täter, dass sie absolute Besitzansprüche gegenüber der Frau verspüren und sie glauben, über ihr Leben und ihren Tod entscheiden zu können. „Unheimlich wichtig für die Prävention und das Verhindern von Femiziden ist daher die Täterarbeit, Femizide können verhindert werden, wenn das soziale Umfeld mitbekommt, dass der Mann gewalttätig ist und ihn auffordert, an einem Anti-Gewalt-Training teilzunehmen. Daher ist es wichtig, dass das soziale Umfeld eingreift“. Andrea Rothfuß