Kirchheim
Wie Ruth Mößner zur Herzogin Henriette wurde

Engagement Seit 60 Jahren singt Ruth Mößner schon im Chor. Bekannt ist sie den meisten in Kirchheim allerdings als Stadtführerin in der Rolle der Herzogin. Von Katharina Daiss

Ich weiß selbst nicht, wie ich dazu gekommen bin“, sagt Ruth Mößner lachend auf die Frage, wie es zu all ihren Ehrenämtern kam. Eigentlich fing alles in den 1960ern an. Damals trat die Kirchheimerin dem Elternbeirat bei, wurde stellvertretende Vorsitzende. Doch damit nicht genug: Sie gründete die Kirchheimer Sprachhilfe mit, unterrichtete im Henriettenkindergarten und im Kinderhort und war ehrenamtliche Richterin am Verwaltungsgericht. 1990 gab es für ihr umfangreiches Engagement die silberne Ehrennadel.

Da gehörte ihr Herz schon lange dem Chorgesang. Seit mittlerweile 60 Jahren singt sie im Kirchheimer Liederkranz und sitzt bis heute im Ausschuss. Schon vergangenes Jahr hätte sie für ihre Ausdauer geehrt werden sollen, doch Corona machte der Feier einen Strich durch die Rechnung. „Was wir für schöne Konzerte gegeben haben“, blickt sie glücklich zurück. Darunter waren auch große Veranstaltungen in der Martinskirche. Mit dem Gotteshaus verbindet sie noch ein weiteres Engagement: die Besuchsdienste. Seit über zehn Jahren gratuliert sie mit dem Kirchheimer Pfarrer Jochen Maier der Ü80-Generation der Martinskirchengemeinde zu Geburtstagen. 

 

Sobald ich das Kostüm anhabe,
lege ich los.
Ruth Mößner
beschreibt die Wirkung
des Henriettenkleids
 

Ruth Mößner verrät, dass in der Arbeit für Kirche und Chor auch der Ursprung der Rolle liegt, in der sie den Kirchheimern wohlbekannt ist: Herzogin Henriette. Die Kirchengemeinde wollte ein Kindersuchspiel in der Stadt veranstalten. Ruth Mößner war als Stadtführerin praktisch zur Teilnahme verpflichtet. Mehrere Rollen waren zu vergeben, vorrangig für Männer. Schnell stand fest: „Sie machen die Henriette am Schloss.“ Ruth Mößner borgte sich ein langes Kleid von ihrer Tochter, brachte eigenhändig eine Schärpe an und bastelte mit einem Hula-Hoop-Reifen sogar einen Reifrock.

Den nächsten Auftritt hatte sie beim Sommerkonzert des Liederkranzes im Kirchheimer Schlosshof. Von da an ging die Karriere im Kostüm steil bergauf: Die damalige Leiterin des Jesinger Seniorenklubs saß im Publikum und beauftragte Ruth Mößner kurzerhand mit weiteren Auftritten. So ging es mit Seniorenrunden von der Teck bis zum Remstal. Seit damals führte sie auch ihre Gäste in der Rolle der letzten Witwe im Kirchheimer Schloss durch die Teckstadt. Die kostümierte Stadtführerin hat Kirchheim sogar schon bei der Urlaubsmesse CMT vertreten: Als Herzogin stellte sie dort die Henriettentorte vor. Das Herzoginnen-Outfit verändert sie. „Sobald ich das Kostüm anhabe, leg ich los.“ 

Ihr größtes Talent ist vielleicht, dass sie sich auf Menschen allen Alters im Handumdrehen einlassen kann. Natürlich hilft auch ihr hervorragendes Erinnerungsvermögen: „Was ich einmal gelesen habe, kann ich mir leicht merken. Und wenn ich es doch mal nicht sicher weiß, weiß ich zu 100 Prozent, wo es steht“, sagt sie stolz. Nach all den Jahren ist sie des Erzählens nicht müde geworden. Über Führungen, bei denen die Leute nach Ende noch bleiben, freut sie sich bis heute. „Das sind die Dinge, die das alles schön machen. Das ist mein Dank.“