Kirchheim
„Wir haben Glück mit der Apfelernte“

Streuobst Die Apfelernte sieht heuer in der Teckregion nicht gerade rosig aus. Eine Ausnahme bildet Lenningen. Von der Qualität her sind die Früchte aber sehr gut. Von Heike Siegemund

In vielen Regionen Deutschlands liegt die Apfelernte in diesem Jahr weit unter dem Durchschnitt. Betroffen ist auch die Teckregion, wobei es Ausnahmen gibt: In Lenningen beispielsweise sieht’s gar nicht mal so schlecht aus, wie Gudrun Bosch und ihre Tochter Kira von der Firma Bosch Fruchtsäfte in Unterlenningen berichten. „Wir haben Glück“, sagt Kira Bosch. Sie weiß: „Deutschlandweit werden derzeit händeringend Äpfel gesucht. Wir erhalten Anrufe von überallher.“

Freilich sei die Trockenheit und Hitze im Sommer auch an den Streuobstbäumen in Lenningen nicht spurlos vorbeigegangen, ergänzt Kira Bosch. Der sogenannte Juni-Fall – ein natürlicher Vorgang, bei dem ein Teil der Früchte abfällt – sei deshalb extrem gewesen. „Aber es gab dann auch wieder Regenphasen, sodass die Bäume mit Wasser versorgt wurden.“ Lenningen sei außerdem von Unwettern und Hagel verschont geblieben, ergänzt Gudrun Bosch. Ein weiterer Faktor: „Wir sind in Lenningen mit der Vegetation später dran, weil wir höher liegen. Als im Frühjahr die Apfelbäume blühten, war der Frost schon vorbei.“

 

Manche Bäume sind komplett leer, andere hängen voll. 
Gudrun Bosch

 

Interessant sei in diesem Jahr zu beobachten, dass der Behang der Bäume sehr unterschiedlich sei, fügt Gudrun Bosch hinzu: „Manche sind komplett leer, andere hängen voll.“ Dies liege daran, dass Bäume, an denen im vergangenen Jahr viele Äpfel wuchsen, im darauffolgenden Jahr sozusagen aussetzen, um sich zu regenerieren. Ein Problem seien heuer auch Misteln („ein Wirt, der die Bäume schwächt und kaputtmacht“) und Insekten, die die Früchte anstechen. Die Folge: An diesen Stellen werden die Äpfel braun. „Früher war es nicht so extrem mit den Insekten“, weiß Gudrun Bosch aus Erfahrung.

Eigentlich sollte man mit Spritzmittel gegen Schädlinge vorgehen, sagt sie. „Aber das ist schwierig beim Streuobst. Man braucht einen Spritzschein dafür – und den haben viele nicht mehr.“ Überhaupt werden die Streuobstbäume und -wiesen vielerorts nicht mehr gepflegt, bedauert die Unterlenningerin. „Die alten Leute haben es noch zu schätzen gewusst, aber heutzutage bleiben viele Früchte liegen.“

Das stört auch Kira Bosch gewaltig: „Alle reden von den tollen Streuobstwiesen und dem Streuobstparadies, in dem sie spazieren gehen. Aber nur noch wenige wollen etwas für den Erhalt unserer Kulturlandschaft tun.“ Dabei könne das Auflesen der Äpfel gerade mit kleinen Kindern richtig Spaß machen. Einen Ausflug auf die Streuobstwiese könne man auch als „Familien- oder Mehrgenerationen-Event mit Oma und Opa“ betrachten. Die 29-Jährige selbst nimmt oft ihre Nachbarskinder mit, die es „voll cool“ finden, draußen zu sein und die auf spielerische Art beim Aufsammeln der Äpfel helfen.

Auch bei der Firma Bosch Fruchtsäfte in Unterlenningen werden Äpfel von Streuobstwiesen zu Saft verarbeitet. In Lenningen sieht die Ernte heuer gar nicht mal so schlecht aus. Fotos: Carsten Riedl

„Wir müssen es schaffen, dass sich wieder mehr junge Leute dafür begeistern“, betont Kira Bosch. Deshalb versuche ihre Familie, einen attraktiven Tagespreis für die angelieferten Früchte der Kunden zu gestalten. „Das geht allerdings nur bis zu einem gewissen Grad, denn wir müssen den Saft auch noch verkaufen können.“ Aktuell liegt der Preis, den die Kunden der Firma Bosch für ihre angelieferten Äpfel erhalten, bei 17 Euro für 100 Kilogramm Obst. Alternativ gibt es eine Gutschrift und damit einen vergünstigten Preis für Apfelsaft. Die Firma Bosch nimmt die Früchte ihrer Kunden in Unterlenningen, Nabern, Hepsisau und Neidlingen an.

Auch bei der Mosterei Jensch in Holzmaden können Kunden ihre Äpfel abliefern; beim Verarbeiten können sie ebenfalls dabei sein und ihren Apfelsaft dann gleich mit nach Hause nehmen. „Wir mosten in diesem Jahr seit Ende August“, berichtet Matthias Jensch, der selbst zwei Hektar große Obstwiesen rund um Ohmden besitzt. Die Apfelernte sehe heuer relativ schlecht aus. „Wir haben keinen Totalausfall, aber wenig Obst.“ Die frühen Sorten seien komplett erfroren, bei den späten sehe es besser aus – zumindest bei den Bäumen, die im vergangenen Jahr wenig trugen. Trotzdem: „In unserer Mosterei haben wir, was den Durchsatz anbelangt, keine 25 Prozent eines guten Jahres.“

Seine Erfahrung in dieser Saison bisher: „Die Kunden suchen von überall her Äpfel zusammen, fragen im Verwandten- und Bekanntenkreis danach.“ Und dennoch gebe es keine großen Mengen. „Wer in früheren Jahren vier oder fünf Mal zu uns kam, schafft es in diesem Jahr maximal zwei Mal.“ Nur kleine Mengen zu saften, ist bei der Mosterei Jensch aber kein Problem. „Wir empfehlen den Leuten auch, erst zu kommen, wenn das Obst reif ist.“

Was Matthias Jensch indes freut: „Wir haben zwar wenige Äpfel, aber von der Qualität her sind sie super zum Mosten.“ Das Verhältnis zwischen Zuckergehalt und Säure sei perfekt. Das bestätigt Gudrun Bosch: „Im vergangenen Jahr hatten wir um die Zeit zwar etwas mehr Oechsle, aber die Harmonie ist gut“.