Sport und Sport Räpple, das gehört in Kirchheim seit über einem Jahrhundert untrennbar zusammen. Vor 50 Jahren übernahm Jürgen Renken das Geschäft und machte sein Hobby zum Beruf. „Sport hat für mich mit Lebendigkeit zu tun“, sagt der 80-Jährige, der bis vor fünf Jahren als Geschäftsführer jede Woche 60 Stunden im Einsatz war. Mit Nordic Walking und Wandern hält er sich heute fit und bezeichnet sich als „begeisterten Sportgucker“. Als Jugendlicher spielte er Fußball und Handball, später auch Basketball, Tischtennis und Badminton. Leidenschaftlich gern griff er zum Tennisschläger und schnallte sich die Skier an.
Die Liebe des Seniorchefs zum Skisport hat sich früh im Geschäft niedergeschlagen: Hunderte von Kindern nahmen in den 70er Jahren im Winter Skikurse beim Vfl oder SVL. Bei Sport Räpple konnte Eltern ihre Sprösslinge dazu anmelden. Nicht mehr wegzudenken sind seit Jahrzehnten im Herbst Ausfahrten nach Sölden zu Skitests. „Jeden Winter fahren außerdem rund 4000 Leute mit uns im Bus ins Gebirge.“ Das wohl größte Event war eine Skiausfahrt Anfang der 2000er Jahre mit 1000 Leuten zum Skiopening nach Laax.
Welchen Stellenwert der Skisport auch dank verlässlichen Wintern vor der Haustür hatte, wird deutlich an einer Anekdote, die Jürgen Renken schmunzeln lässt: Nachdem Rosi Mittermaier 1976 bei den Olympischen Winterspielen in Innsbruck Abfahrt und Slalom gewonnen hatte, kam „Gold-Rosi“ zu einer Autogrammstunde nach Kirchheim. „Die ganze Straße war voller Menschen. Da musste sogar die Polizei ausrücken“, erinnert sich Jürgen Renken. „Mit so einem Andrang hatten wir nicht gerechnet.“ Über 40 Jahre später weckte ihr Sohn Felix Neureuther mit seinem Besuch Erinnerungen an damals.
Autogrammstunden sind inzwischen passé, weil Promi-Sportler horrende Summen verlangen. Heute gibt es am letzten Schultag vor den Sommerferien lange Schlangen vor dem Laden, wenn jedes Kind mit einer „1“ im Sport von Räpple ein T-Shirt bekommt. „Insgesamt haben wir im Lauf der Jahre über 25 000 T-Shirts verschenkt“, so Jürgen Renken.
Konkurrenten sind nicht nur die stark expandierende Firma Decathlon, sondern vor allem auch das Internet. Sport Räpple bietet deshalb inzwischen ebenfalls Online-Verkäufe an. Dennoch ist für Jürgen Renken klar: „Unsere Stärke ist der Service. Wir wollen, dass die Leute in die Läden kommen.“ Diesen Antrieb hatte er nicht nur für die eigenen Geschäfte, sondern auch für den gesamten Kirchheimer Handel. Von 1989 bis 2003 gehörte der Unternehmer dem Vorstand des City Ring an, vier Jahre lang war er dessen Erster Vorsitzender. „Wir haben viel bewegt“, sagt der 80-Jährige stolz. Er denkt an Modenschauen und Straßenfeste und vor allem an das erste Late-Night-Shopping in Baden-Württemberg. Noch heute bekommt er leuchtende Augen, wenn er an das Nudelessen um 24 Uhr auf der Marktstraße denkt, als an einer langen Tafel über 1000 Portionen Spaghetti Bolognese vertilgt wurden.
Tennis, Surfen, Inlineskaten - Jürgen Renken hat viele Trends kommen und gehen sehen. Den richtigen Riecher dafür zu haben, war eines seiner Erfolgsrezepte. Wenn es mit Ehefrau Silvia, die früher im Büro mitgearbeitet hatte, nicht gerade auf Reisen geht, steht er seinem Sohn Philip nach wie vor mit Tipps zur Seite. Vor fünf Jahren hatte der heute 38-Jährige die Geschäftsführung übernommen. Eine große Herausforderung bedeutet für die Sportläden wie für viele andere Einzelhändler die Corona-Pandemie. „Lauf- und Wanderschuhe gehen gut, genauso Fitnessgeräte“, sagt Jürgen Renken. Bademoden seien im Sommer dagegen komplett eingebrochen. Auch hielten sich die Kunden nach wie vor mit Spontankäufen zurück. Dass eine äußerst schwierige Skisaison vor der Tür steht, ist zu befürchten.