Kirchheim
„Wir sind die Krisengewinnler“

Bürgergenossenschaft Die Teckwerke rechnen in Zeiten des Energienotstands mit wachsender Rendite. Von Bernd Köble

Während immer mehr Kleinanbieter vom Strommarkt verschwinden, blickt man an anderer Stelle mit einiger Gelassenheit auf ein dramatisches Geschehen. Die 1050 Mitglieder der Teckwerke dürfen sich mitten in der schwersten Energiekrise über wachsende Rendite freuen. Die lag im vergangenen Jahr bei zwei Prozent. Diesmal rechnet Vorstandsmitglied Olaf Essig mit einem deutlichen Plus. Er redet nicht lange um den heißen Brei: „Ja, wir sind die Krisengewinnler“, räumt er ein. „Und das ist auch gut so.“

1300 Stromabnehmer haben die Teckwerke unter Vertrag. Neukunden kommen meist zu Beginn des Winters hinzu. Im Mittel sind das etwa 150 pro Jahr. Im vergangenen Monat August zählte die Genossenschaft 58 neue Verträge – mitten im Sommer. Obwohl die Menge an selbst produziertem Wind- und Sonnenstrom ausgeschöpft ist und Neukunden zu deutlich höheren Tarifen vom Markt mit Ökostrom versorgt werden müssen, hält der Ansturm auf die Erneuerbaren an. Das macht sich auch im Beratungsbedarf bemerkbar oder bei Kleinlösungen: Statt zehn Balkon-Modulen im Jahr verkauften die Teckwerke bis September mehr als 200 der kleinen Stromerzeuger für den Hausgebrauch.

Die Verzweiflung ist groß. „Viele Leute haben Angst“, sagt Essig, der mit seinem Team in den Räumen des ehemaligen Arbeitsamtes in der Kirchheimer Paradiesstraße dem wachsenden Beratungsbedarf kaum mehr gerecht kann. Obwohl die Zahl der Vollzeitstellen in diesem Jahr von fünf auf zehn glattweg verdoppelt wurde. „Dabei“, betont der Diplom-Ingenieur, „sollten wir uns eigentlich um neue Projekte kümmern.“

Die liegen entweder ganz in der Nähe, etwa auf Schul- und Hallendächern in der Stadt, oder in Beteiligungen an Wind- und Solarparks übers ganze Land verteilt. Damit ließen sich in einer Stadt wie Kirchheim sämtliche Privathaushalte versorgen – theoretisch. „Wir erzeugen im Prinzip mehr Strom als wir brauchen“, sagt Olaf Essig. Doch diese Energie fließt eben nur, wenn Wind weht oder die Sonne scheint. Deshalb braucht es als Puffer sauberen Strom von Partnern am Markt, den sich die Bürgergenossenschaft über langfristige Verträge gesichert hat. „Davon profitieren im Moment unsere Bestandskunden“, sagt Essig.

Was wird sein, wenn die Politik wie angekündigt einen Teil der Gewinne aus billig erzeugtem Strom und hohen Endpreisen abschöpft? Solche Überlegungen seien grundsätzlich berechtigt, räumt Olaf Essig ein. „Es darf aber nicht sein, dass es nur die trifft, die die Energiewende vorantreiben.“ Wenn eine solche Steuer zur Investitionsbremse werde, sollte genau überlegt werden: „Wo fängt Übergewinn an und wie wird er definiert?“