Über manche Begriffe lässt sich streiten. Was das Adverb „sofort“ betrifft, lässt auch der Duden wenig Raum für Interpretationen. Sofort heißt unmittelbar, unverzüglich - eben sofort. Das Soforthilfeprogramm der Landesregierung für Selbstständige, Freiberufler und kleinere bis mittlere Unternehmen soll die heimische Wirtschaft in der Coronakrise vor Pleiten bewahren. Schnelles Geld, wenn Einkünfte plötzlich wegbrechen und Fixkosten bleiben. Bei allen Bedenken, wie 6,2 Milliarden Euro vom Land zu finanzieren seien, gab es dafür viel Lob aus Politik und Wirtschaft. Nur: Seit dem Start der Hilfen am 25. März sind zwei Wochen vergangen, und vor allem bei Gastronomen, die von der Krise besonders hart betroffen sind, ist kaum etwas angekommen von dem Geld.
Michael Holz war in Kirchheim der Erste, der seine Gaststätte freiwillig zugesperrt hat, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Im „3K“ in der Dreikönigstraße fiel der Vorhang noch ehe die gesamte Gastronomie im Land per Verordnung auf Eis gelegt wurde. Holz war auch einer der Ersten, die einen Antrag auf finanzielle Soforthilfe gestellt haben. Geld hat er wie fast alle seiner Kollegen bisher nicht überwiesen bekommen. „Die Stimmung ist äußerst angespannt,“ sagt er. „Bei vielen ist das Lager mit bereits bezahlter Ware voll, die meisten Kosten laufen weiter, aber es kommt seit zwei Wochen nichts mehr rein.“ Seine Kritik richtet sich vor allem gegen Banken: gegen staatliche Banken wie die L-Bank, die bis zum Wochenende 104 Millionen Euro aus dem milliardenschweren Fördertopf ausbezahlt hat und die nach der Bewilligung durch IHK und Handwerkskammer die Anträge ein zweites Mal prüft. Aber auch gegen kleinere Hausbanken, die für Kontokorrentkredite bei kurzfristigen Zahlungsschwierigkeiten zehn Prozent Zinsen und mehr in Rechnung stellen. „Das war sicher alles nicht im Sinne des Erfinders“, sagt Holz, der als Unternehmer auch für die Grünen im Kreistag sitzt.
Sein Kirchheimer Parteifreund Andreas Schwarz wirbt bei aller Not um Geduld. „Es wurden bis zum Wochenende bereits mehr als 230 000 Anträge bearbeitet. Das ist viel“, meint der Fraktionschef der Grünen im Landtag. Die Bearbeitung benötige Zeit, obwohl man die Verfahren mittlerweile vereinfacht habe. Durch die Liquiditätsbrücke, die mit weiteren Säulen wie Bürgschaften und zinslosen Darlehen inzwischen auch mittlere Betriebe einschließe, habe die Regierung im Land zudem ein klares Signal an die Banken gesendet, sich in ähnlicher Weise solidarisch zu zeigen. „Auch Hausbanken müssen ihren Beitrag leisten“, sagt Schwarz. Erst gestern hat die Bundesregierung weitere Hilfen auch für Betriebe mit mehr als 50 Mitarbeitern angekündigt. Der KfW-Schnellkredit soll bis zu einem Höchstbetrag von 800 000 Euro ausbezahlt werden.
Manchmal eher zu schnell
Wenig Verständnis für Kritik zeigt der Kirchheimer CDU-Abgeordnete im Landtag, Karl Zimmermann. Er verweist auf das Wirtschaftsministerium seiner Partei, wonach gestern 80 000 Anträge auf Soforthilfe zur Auszahlung freigegeben worden seien. „Ohne Prüfung gehe es nun mal nicht, meint der CDU-Politiker. „Mir geht das manchmal eher zu schnell.“ Seine Sorge: Dass viele Kleinbetriebe Hilfen in Anspruch nehmen, die auch ohne Zuschüsse über die Runden kämen. Bei ihm zu Hause stehe das Telefon zurzeit nicht mehr still, weil sich Leute nach Wegen erkundigten, um an Geld zu kommen. Zimmermann: „Bei mancher Nachfrage habe ich schon meine größten Zweifel.“