Kirchheim
Wirte müssen Gäste abweisen

Corona In der vierten Welle dürfen Cafés und Restaurants offen bleiben. Doch der Preis – das Kontrollieren der Gäste – ist für viele Gastwirte hoch. Von Antje Dörr

Am Mittwoch tritt in Baden-Württemberg die Alarmstufe in Kraft. Das heißt: Nur noch Geimpfte und Genesene haben Zutritt zu Restaurants. Wer nicht geimpft ist und keinen medizinischen Grund dafür hat, beziehungsweise kein Schüler ist, muss draußen bleiben. Doch auch schon in der Warnstufe mussten Gastronomen immer wieder Gäste abweisen. „Es macht ja keiner einen PCR-Test, um einen Kaffee trinken zu gehen“, sagt Ralf Bauer, Inhaber des Cafés „Aroma“ in Kirchheim, und bezieht sich damit auf die Zugangsbeschränkungen der Warnstufe. In der Regel biete man Kunden, die man nicht bewirten darf, einen To Go-Kaffee an. „Die setzen sich dann draußen auf das Mäuerchen, wie während der Lockdowns“. Manche beschwerten sich, aber die meisten seien kooperativ.

 

„Man hat immer ein mulmiges Gefühl."
Ralf Bauer
Inhaber des „Aroma“ über Kontrollen und kontrolliert werden
 

Das Kontrollieren empfindet Ralf Bauer als sehr belastend. Ein großer Teil der Cafébesucher sind Stammgäste, die Atmosphäre im „Aroma“ ist familiär. „Dass die Stammkunden jedes Mal ihr Zertifikat zeigen sollen, ist schwierig“, gibt Ralf Bauer offen zu. Dementsprechend groß ist die Angst, „dass einem jemand durch die Lappen geht“. Bei einer Kontrolle, wie sie in diesen Tagen immer wieder vom Ordnungsamt durchgeführt wird, könnte das schnell teuer werden. „Man hat immer ein mulmiges Gefühl“, sagt Bauer. Er hofft, dass sich auch die Gäste ihrer Verantwortung bewusst sind und sich an die Regeln halten.

Dass Gastronomen, wie angekündigt, möglicherweise bald die Echtheit der Impfzertifikate mit einer App kontrollieren müssen, sieht Bauer kritisch. „Ich möchte nicht Polizei spielen müssen. Das ist echt nicht meine Aufgabe“, sagt er. Die Vorstellung, dass er Kunden, die er erwischt, anzeigen müsste, bereitet ihm große Bauchschmerzen, in die sich auch die Sorge mischt, dass sich Menschen provoziert fühlen könnten. 

Täglich Kunden wegschicken

"Es gibt Menschen, die den Ausweis freiwillig vorzeigen. Viele sind aber auch sehr unfreundlich“, sagt der Angestellte, der beim „Bäcker Kienzle“ hinterm Tresen steht. Auch, wer dort einen Kaffee trinken will, muss einen Impfausweis oder Genesenenstatus vorzeigen. Spaß mache ihm das nicht, sagt der Angestellte, der nicht namentlich genannt werden möchte. „Wir müssen täglich Menschen wegschicken, die keinen Nachweis haben“. 

Im „Holz und Feuer“, dem Restaurant im „Waldhorn“, hätten schon Gäste einen PCR-Test vorgelegt, sagt Leiter Adrian Conrath. „Das kommt nicht täglich vor, aber am Wochenende leisten sich die Leute das gerne einmal“. Damit ist es jetzt aber vorbei. In der Alarmstufe haben Ungeimpfte keinen Zutritt mehr. Die Kunden zeigten ihre Nachweise sehr kooperativ vor, sagt Adrian Conrath. Er empfindet das Kontrollieren jedoch als unangenehm. „Wir als Gastwirte soll ja etwas Schönes darstellen. Es liegt nicht in unserem Spektrum, als Kontrollinstanz zu agieren“, sagt er. Aufgrund der Situation sehe er es jedoch als seine Verpflichtung an. „Ich schütze damit meine Gäste“, sagt er. 

Worüber er sich ärgert, sind die Mehrkosten, die das Kontrollieren verursacht. „Das kostet mich einen Mitarbeiter mehr“, sagt Conrath. Diese Kosten könne man jedoch nicht auf die Preise obendrauf schlagen. Auch die Gestaltung der Außenfläche mit Fellen und Heizgeräten hat Geld gekostet. Jetzt ist draußen nicht mehr viel los, und Ungeimpfte können selbst draußen nicht mehr Platz nehmen. Das kann auch Ralf Bauer vom „Aroma“ nicht verstehen. „Wir haben uns darauf vorbereitet, dass Leute draußen sitzen wollen, haben Lammfelle gekauft und Schirme. Das sind alles Investitionen gewesen“, sagt er.

Corona-Lage im Landkreis weiter kritisch

Die vierte Welle hat die Kliniken im Landkreis Esslingen weiter im Griff. Laut DIVI-Intensivregister sind 65 von 65 betreibbaren Intensivbetten belegt. Aktuell liegen 24 Covid-Patienten auf den Intensivstationen der Medius-Kliniken in Kirchheim, Nürtingen und Ruit und des Klinikums Esslingen. Zwölf von ihnen sind intubiert. Der Anteil der Covid-Intensivpatienten an der Gesamtzahl der betreibbaren Betten liegt im Landkreis Esslingen bei fast 37 Prozent. Landesweit liegt der Anteil aktuell bei rund 19 Prozent.

Die Sieben-Tage-Inzidenz im K reis Esslingen liegt laut Landesgesundheitsamt bei 374,2, und damit leicht unter dem Landesdurchschnitt von 382,8. Die Zahl der Neuinfektionen im Landkreis ist leicht rückläufig, der bisherige Rekord war am Sonntag mit einer Inzidenz von 401,8 erreicht worden. Dennoch: 1997 Menschen haben sich in den letzten sieben Tagen mit Covid infiziert. 15 Menschen sind in dieser Zeit an oder mit Covid-19 gestorben. adö