Wer muss Asylbewerberinnen und -bewerber aufnehmen?
Bei der Unterbringung von Flüchtlingen gibt es eine Arbeitsteilung. Der Landkreis Esslingen ist verpflichtet, Asylbewerberinnen und -bewerber, die ihm vom Land Baden-Württemberg zugewiesen werden, ein Dach über dem Kopf zu verschaffen und sie zu betreuen. Diese vorläufige Unterbringungspflicht gilt so lange, bis das Verfahren abgeschlossen ist oder die Menschen 24 Monate lang in einer Unterbringung des Landkreises gelebt haben. Dann sind die Städte und Gemeinden dran: Weil Geflüchtete auf dem freien Wohnungsmarkt meist nicht auf Anhieb eine Chance haben, müssen sie für die sogenannte Anschlussunterbringung sorgen. Allerdings sind die Städte und Gemeinden unter Umständen auch schon in der Phase, in der der Landkreis zuständig ist, gefordert: Denn die Kinder der Asylbewerber müssen in Schulen und Kindergärten untergebracht werden. Um die Integration der Menschen bemühen sich Arbeitskreise sowie Bürgerinnen und Bürger vor Ort.
Warum leben in manchen Städten und Gemeinden mehr Asylbewerber als in anderen?
Die Unterkünfte, auf die der Kreis Esslingen für die Unterbringung dieser Menschen zurückgreift, gehören zwar dem Landkreis, befinden sich aber in den Kreis-Städten und -Gemeinden. Beispiele sind große Gemeinschaftsunterkünfte in Kirchheim oder Hochdorf. In Dettingen und Lenningen hat der Landkreis Esslingen größere Gebäude angemietet. In Kirchheim baut er bei den beruflichen Schulen, also auf einem eigenen Grundstück, ein Containerdorf. Für diese Asylbewerber ist zwar der Landkreis Esslingen zuständig. Weil jedoch in jeder Stadt und Gemeinde ohnehin Geflüchtete in der Anschlussunterbringung leben, ist ihre Zahl in jenen Kommunen, in denen der Kreis zusätzlich Asylbewerber untergebracht hat, höher. Das ist in Kirchheim, Dettingen, Holzmaden, Lenningen und Weilheim der Fall.
Was ist mit den anderen Gemeinden?
In Owen, Neidlingen, Bissingen, Notzingen und Ohmden hat der Landkreis Esslingen bislang keine Asylbewerber in der sogenannten vorläufigen Unterbringung – trotz des Appells des Landrats an alle Kommunen, Unterkünfte zu melden. Fragt man bei den Städten und Gemeinden nach, warum das so ist, erhält man überall ähnliche Antworten. „Die Kapazitäten werden für die Anschlussunterbringung benötigt“, heißt es aus einigen Rathäusern. Das heißt: Weil die Kommunen wissen, dass die steigende Zahl der Asylbewerber dazu führen wird, dass sie mehr Geflüchtete aufnehmen müssen, wird der Platz – so er denn bereits vorhanden ist – für diese Menschen reserviert. Angeführt wird außerdem von manchen, dass keine geeigneten Grundstücke oder Gebäude vorhanden seien. Neidlingens Bürgermeister Jürgen Ebler weist beispielsweise darauf hin, „dass wir aufgrund der bestehenden Gesetzgebung derzeit nicht in der Lage sind, im Außenbereich Wohnraum für unsere Bürgerinnen und Bürger zu schaffen“. Hintergrund sei der Paragraf 33 a Naturschutzgesetz Baden-Württemberg. Die Innenentwicklung sei nahezu gänzlich ausgeschöpft. „Insofern wäre es ja dann der Neidlinger Bevölkerung nicht vermittelbar, dass für die eigene Bevölkerung kein Wohnraum geschaffen werden kann, für Asylbewerber oder Flüchtlinge hingegen schon“, sagt Ebler. Alle Städte und Gemeinden bieten schon heute kommunalen Wohnraum für Geflüchtete. Auch Ukrainerinnen leben in sämtlichen Kommunen des Landkreises.
Steht die Belegung von Sporthallen kurz bevor?
Wenn überhaupt Sporthallen zu Flüchtlingsunterkünften umgewandelt werden würden, dann die drei Kreissporthallen des Landkreises in Esslingen, Nürtingen und Kirchheim. Sie werden für den Schulsport genutzt, aber auch von vielen Vereinen. Landrat Heinz Eininger betont zwar stets, diesen Schritt, der während der letzten großen Flüchtlings-Welle 2015 gegangen werden musste, vermeiden zu wollen, schließt ihn aber nicht mehr aus. Der Landkreis Esslingen kann hingegen keine Sporthallen in Städten und Gemeinden „beschlagnahmen“. „Auf städtische Hallen hat der Landkreis keinen Zugriff, es sei denn, eine Kommune würde dem Landkreis eine Halle für die vorläufige Unterbringung anbieten“, betont auch Kreis-Sprecherin Andrea Wangner. Weil alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister wissen, wie sehr es die Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen aufbringt, wenn Sporthallen zweckentfremdet werden, ist das extrem unwahrscheinlich. Auch in den Jahren 2015 und 2016, als die Zahlen der Asylbewerber sehr hoch waren, wurden zu keinem Zeitpunkt kommunale Sporthallen belegt. Anders als heute gab es aber mehrere Container- und sogar Zeltstandorte.