Interview
Wo sich die Genies des Barocks und Tangos genial vereinen

Gitarrist Friedemann Wuttke spielt mit Bandoneonspieler Lysandre Donoso und einem Streichquintett Bach, Piazzolla und Villa-Lobos in der Kirchheimer Stadthalle.

Das Duo Friedemann Wuttke (Gitarre) und Lysandre Donoso (Bandoneon) - hier mit Streichquintett - begeisterte in vielen Ländern der Welt und sicher demnächst auch in Kirchheim.  Foto: pr/Daniel Fischer

Die beiden international renommierten Künstler Friedemann Wuttke (Gitarre) und der französische Piazzolla-Spezialist Lysandre Donoso (Bandoneon) geben zusammen mit einem Streichquintett, bestehend aus Mitgliedern der Stuttgarter Philharmoniker und des Stuttgarter Kammerorchesters, am Samstag, 10. Mai, um 19.30 Uhr ein Konzert in der Stadthalle Kirchheim. In diesem Programm kreist alles um den Barockkomponisten Johann Sebastian Bach und um das Tango-Genie Astor Piazzolla. Bachs zeitlose Spiritualität hat viele große Komponisten in deren Schaffen geprägt und beeinflusst, so auch Astor Piazzolla und Heitor Villa-Lobos. Der Teckbote sprach darüber mit Friedemann Wuttke.

 

Was erwartet die Zuhörerinnen und Zuhörer in Ihrem Konzert?

Friedemann Wuttke: Der Aufhänger des Programms ist ,Bach und Piazzolla’. Dabei geht es um Affinität und Kontrast. In einer Fassung für Bandoneon und Gitarre erklingt unter anderem die weltbekannte ,Air‘ von Johann Sebastian Bach und sein berühmtes Variationen-Werk Chaconne d-Moll wird in meiner Bearbeitung für Streichquartett vorgetragen.

 

Wie kam der Argentinier Piazzolla zu Bach?

Wuttke: Astor Piazzolla kam schon in seiner Kindheit in Berührung mit Johann Sebastian Bach, nachdem seine Eltern mit ihm nach New York ausgewandert sind“, so Wuttke. „Dort hörte er in der Nachbarwohnung den berühmten ungarischen Pianisten Bela Wilda das ,Wohltemperierte Klavier‘ üben. Dieser nahm sich dem kleinen Astor an und zeigte ihm, wie er die Werke von Bach auf dem Bandoneon spielen konnte.

 

In welchen Piazzolla-Kompositionen des Programms hört man Anklänge an Bach?

Vor allem in seinen Tangos, die häufig als Fugen angelegt sind. Zusammen mit der Kontrapunktik von Bach, mit Einflüssen seiner Zeitgenossen und aus dem Jazz schuf Astor Piazzolla den „Tango Nuevo“, der mit seiner vorwärtsdrängenden Motorik und seiner spirituellen Melancholie Klassik- und Tangofans in der ganzen Welt gleichermaßen berührt.

 

Ein paar Sätze zu Heitor Villa-Lobos…

Er ist der andere große südamerikanische Komponist von Weltruhm. Als brasilianischer Nationalkomponist hat er, wie Piazzolla, viele seiner über 2000 Werke Johann Sebastian Bach gewidmet und mit Elementen der brasilianischen Folklore sowie der Tonsprache von Maurice Ravel zu einer ganz eigenen impressionistischen Farbe verschmolzen. Wir spielen in diesem Konzert seine berühmten „Cinq Preludes“ in meiner Bearbeitung für Gitarre und Streicher.

 

Eine amüsante Anekdote von Ihren Konzertreisen zum Schluss?

Gerne erzähle ich ein Erlebnis aus meiner Bolivien-Tournee vor vielen Jahren. Der Leiter des Goethe-Instituts La Paz, mein Freund Dr. Manuel Negwer, hat mich vorgewarnt, ich müsste die 4100 Meter Meereshöhe Höhe beachten, daher würde er mir am Flughafen Sauerstoffflaschen übergeben. ,Das brauche ich nicht‘, dachte ich. Nachdem ich zwei Tage im Hotel ermattet im Bett lag und keine Gitarre mehr in die Hand nehmen konnte, benutzte ich die Sauerstoffflasche dann doch. Ich fühlte mich schnell besser und konnte das Konzert in einer riesigen Kirche spielen, vor über 1000 Zuhörern.

 

Termin: Samstag, 10. Mai, 19.30 Uhr, Stadthalle Kirchheim. Karten für das Konzert unter dem Titel „Bach und Cordoba“ gibt es bei der Kirchheim-Info, Max-Eyth-Str. 15, Telefon 07021/50 25 55 und an der Abendkasse.

 

Infos zu den Künstlern

Friedemann Wuttke studierte klassische Gitarre an der Musikhochschule Stuttgart, er hat an zahlreichen Meisterkursen international bekannter Gitarrensolisten teilgenommen. Starker Einfluss kam von seinem Freund und Mentor, dem russischen Weltklasse-Pianisten Igor Zhukov. Einige Jahre unterrichtete er als Dozent für Gitarre an der PH Ludwigsburg. Nicht nur durch seine instrumentalen und musikalischen Qualitäten hat sich der sympathische Musiker einen festen Platz in der vordersten Reihe der deutschen Gitarristen erspielt. Seine vielseitigen Programme sind immer geprägt von klaren Inhalten und seinem künstlerisch anspruchsvollen Profil. Neben Konzerten im Inland führten Friedemann Wuttke Reisen in fast alle europäischen Länder, nach Russland, Südostasien, Afrika und Südamerika, wo er auch in großen Konzerthäusern als Solist oder mit Orchester auftrat. Er hat zahlreiche CDs produziert.


Lysandre Donoso ist einer der gefragtesten Bandoneonisten in Europa für den Tango und ein führender Experte für die Musik von Astor Piazzolla. Schon als Kind prägte ihn die lateinamerikanische Volksmusik seines chilenischen Vaters und das Bandoneonspiel. Nach dem Studium an den Konservatorien in Lyon und Rotterdam konzertierte er regelmäßig mit dem Orchestre National de France und anderen namhaften Orchestern in den großen Sälen Europas wie der Royal Albert Hall und der Elbphilharmonie. 2021 wurde er mit dem Preis des besten Bandoneonisten durch die Fundación Astor Piazzolla ausgezeichnet. Er ist Gast bei großen internationalen Festivals, trat auch in Südkorea, Kolumbien, Kanada und anderen Ländern auf und hat zahlreiche CDs eingespielt. hgd