Kirchheim. Im Publikum saßen Bürgermeister, Kommunalpolitiker und Wirtschaftsunternehmer. Plochingens Rathauschef Frank Buß lenkte die Diskussion und stellte die Fragen. Besonders brisant in diesen Tagen ist das Thema Wohnungsbau. "Wohnen ist das Topthema der nächsten Legislaturperiode" bestätigte der Grünenabgeordnete Andreas Schwarz. Ihm gehe es vor allem um bezahlbare Wohnungen, barrierefrei und energiesparend.
Kirchheims Bürgermeister Günter Riemer mahnte in diesem Zusammenhang dringend an, die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Es könne ja wohl nicht sein, dass ein Bebauungsplan drei bis vier Jahre brauche, allein für die Abwicklung der Umweltprüfung brauche man ein Jahr. Andreas Schwarz signalisierte Bereitschaft, nach der Wahl über Vereinfachungsmöglichkeiten zu sprechen.
CDU-Kandidat Karl Zimmermann klagte ebenfalls über "Überreglementierungen" an allen Ecken, Mehrfachbesteuerung beim Grunderwerb, schlechtere Abschreibungsmöglichkeiten als früher und Behinderungen durch das Mietrecht. "Und warum man zum Beispiel für den Bau eines Recyclingbetriebes zusätzlich Ausgleichsflächen nachweisen muss, das verstehe ich nicht!"
"Wir haben das Land so übernommen und stecken in Korsetts" entgegnete der SPD-Bewerber Andreas Kenner. "Wir können die Standards nicht einfach runtersetzen." Auch ihm geht allerdings gegen den Strich, wenn es permanent um "Halsbandschnäpper und Rote Milane" geht. Selbst bei der geplanten Bebauung der Klosterwiese zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen wolle der BUND jetzt schon Fledermäuse und Eidechsen zählen lassen. Ein pragmatischer Ansatz vom FDP-Mann Ulrich Kuhn: "In Ausnahmesituationen muss es einfachere Lösungen geben."
Ein schnellerer und preiswerterer Wohnungsbau ist in den Kommunen derzeit besonders aktuell durch die hohe Zahl an Migranten, die nach ihrer Anerkennung dauerhaft untergebracht werden müssen. Die FDP fordert ein Einwanderungsgesetz und, so Ulrich Kuhn, eine geordnete Rückführung von den Menschen, die hier nach dem Gesetz nicht bleiben dürfen. Ähnlich auch Karl Zimmermann, der eine "konsequente Abschiebung" anmahnte. Andreas Kenner erinnerte an ein Kernthema: "Wie beseitigt man die Fluchtursachen?" Er bedauerte, dass ihm manche Mitbürger bereits übel nehmen, wenn die Klosterwiese bebaut werden soll, obwohl doch gerade in Baden-Württemberg die Hilfsbereitschaft vieler Ehrenamtlicher groß sei.
Für weiteren Sprengstoff in den kommunalen Haushalten sorge die Kinderbetreuung, leitete Bürgermeister Frank Buß zu einem anderen Themenkomplex über. Im Ländervergleich liege Baden-Württemberg an der Spitze, so Andreas Schwarz. Das Land habe die Zuschüsse an die Kommunen seit 2011 deutlich erhöht. Die Unterbringung möglichst aller Kinder in Tagesstätten oder Kindergärten gehört für Andreas Kenner zur vorschulischen Bildung, und ein gutes Betreuungsangebot brauche man auch zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Karl Zimmermann bestätigte die Bedeutung von Ganztagesangeboten, rechnete aber auch vor, dass Elternbeiträge zur Finanzierung nicht ausreichen. Eine Fortsetzung des Landeserziehungsgeldes würde er begrüßen.
Im Bereich Bildung ist vor allem das Projekt "Gemeinschaftsschule" ein Knackpunkt. Spekuliert wird, ob Realschulen und Gymnasien als Institutionen fortbestehen werden. Ulrich Kuhn will Gymnasien und Realschulen "definitiv erhalten", am besten fände er ein Drei-Säulen-System zusammen mit den Gemeinschaftsschulen. An die Erhaltung der Realschulen durch die jetzige Regierung wollte Karl Zimmermann nicht so recht glauben. Doch die grün-roten Kandidaten Schwarz und Kenner waren sich im Gemeindehaus einig: Realschule und Gymnasium sind "gesetzt", parallel dazu der Ausbau von Gemeinschaftsschulen.
In der Verkehrspolitik will Andreas Schwarz im Falle seiner Wiederwahl einen Schwerpunkt auf die Beseitigung des "Nadelöhrs" am Albaufstieg legen sowie auf den S-Bahn-Ausbau vom Flughafen nach Wendlingen. Keine einzige neue Straße sei in den letzten Jahren gebaut worden, schimpfte Karl Zimmermann und warf Verkehrsminister Winfried Hermann vor, 100 Millionen Euro für Straßenbau vom Bund nicht abgerufen zu haben. Unkomfortable und zu Stoßzeiten überfüllte S-Bahnen bemängelte Andreas Kenner. Hier müssten kreative Lösungen her, zum Beispiel was flexible Anfangszeiten in Betrieben und Schulen angeht.