Event
Woodland: Kirchheim bewegt sich im Takt

Drei Tage lang stand die Linde im Zeichen von Hip-Hop, Freestyle und urbaner Tanzkultur. Das Ereignis hat Tänzer aus vielen Ländern zusammengebracht.

Freestyle im Kreis: Beim Woodland Battle in der Linde zeigen Tänzer aus mehreren Ländern ihr Können. Foto: Jule Störk

Die Beats wummern schon draußen über die Alleen­straße, bevor man die Linde überhaupt betritt. Drinnen ist nur noch wenig Platz. Der Boden vibriert, der Kreis aus Tänzerinnen und Tänzern zieht die Menge in seinen Bann. Einige filmen, andere rufen, manche halten kurz die Luft an, wenn die Musik wechselt.

Zum sechsten Mal findet das Woodland Battle im Mehrgenerationenhaus Linde in Kirchheim statt. Rund 200 Besucherinnen und Besucher drängen sich im Saal. Auf der Fläche treten die Teilnehmenden nacheinander an – 45 Sekunden, ein Beat, den sie erst im Moment hören.

Getanzt wird Freestyle: Jede Bewegung entsteht spontan – so, wie die Tänzerinnen und Tänzer die Musik verstehen. Die Reihenfolge rufen die Organisatoren Ezgi Sahin und Quirin Haberfellner auf, die gemeinsam moderieren. Hinter ihnen sitzt die Jury, die aus drei erfahrenen Tänzerinnen und Tänzern besteht, die jede Runde bewerten und entscheiden, wer weiterkommt.

Ein Netzwerk im Süden

Die Kategorien heißen 1 gegen 1 und 2 gegen 2. Das Battle ist Teil eines dreitägigen Programms rund um urbane Tanzkultur – mit Vor­ausscheidungen, Teamwettbewerben und einer Liga, in der Teilnehmende Punkte für weitere Battles sammeln können. Die Bühne gehört allen: erfahrenen Profis, jungen Talenten, Menschen, die sich zum ersten Mal trauen. Unter den Teilnehmenden sind Tänzerinnen und Tänzer aus Frankreich, Belgien, der Schweiz und aus Städten wie Hamburg, Frankfurt oder München. Auch Jury und DJ reisen eigens an.

Das Woodland Battle zählt zu den größten nicht-kommerziellen Hip-Hop-Battles im Süden und wird ehrenamtlich vom „Tree Clan“ gemeinsam mit dem Mehrgenerationenhaus Linde organisiert. Der „Tree Clan“ ist eine Tanzcrew aus Kirchheim, die seit Jahren fest in der lokalen und nationalen Szene verankert ist. Aus ihrer Arbeit entsteht derzeit das „dirtysouthmovement“, ein Verein in Gründung.

Der Name verweist auf den Süden: Hier wollen die Initiatoren künftig mehr Raum für Battles, Austausch und Hip-Hop-Kultur schaffen. „Wir sind nicht viele, aber wir rennen halt“, sagt Haberfellner lachend.

Wie alles begann

Quirin Haberfellner ist 28 Jahre alt und beginnt erst spät zu tanzen – 2009, als Michael Jackson stirbt. Er schaut Videos, imitiert Bewegungen, probiert aus. Später folgt Gesellschaftstanz, dann die ersten Choreografien im Studio, schließlich Freestyle. 2019 sucht er mit seiner Crew einen neuen Raum und findet ihn in der Linde. Dort startet das erste Woodland Battle: klein, damals noch mit zwei getrennten Kategorien für Anfänger und Fortgeschrittene – und 100 Euro Preisgeld. Heute sind es 600 Euro, ein fester Ablauf, eine Jury und ein Medienteam. „Früher gab es hier im Raum keine Battles“, sagt Haberfellner. „Wir sind drei Stunden gefahren, haben kurz getanzt und sind wieder heim. Ich wollte das zu uns holen.“ Filme wie „Step Up“ haben ihn damals begeistert, etwas davon sollte auch in Kirchheim spürbar sein.

Offen für alle

Auf der Bühne hat sich das längst erfüllt. Die Tänzerinnen und Tänzer begegnen sich mit Respekt, auch wenn sie gegeneinander antreten. Wer ausscheidet, bleibt, und wer neu ist, bekommt denselben Applaus wie die, die schon lange dabei sind.

Um den Einstieg weiter zu erleichtern, haben die Organisatoren ein Punktesystem eingeführt. Wer regelmäßig an Battles teilnimmt, sammelt Punkte und kann sich damit Startplätze oder Reisekosten sichern. Das senkt die Hürden, vor allem für Tänzerinnen und Tänzer, die noch am Anfang stehen oder von weiter her anreisen.

Unterstützt wird das Event von mehreren Förderern, darunter die Kreissparkasse und Red Bull, die Ausstattung bereitstellen. Doch vieles bleibt Handarbeit: Social Media, Anmeldung, Jurybetreuung, Licht, Ton.

„Wir machen das alles ehrenamtlich“, sagt Ezgi Sahin. Die 26-Jährige ist seit fünf Jahren dabei. „Damit das so bleibt, suchen wir ständig nach Sponsoren, damit Tanz auch weiterhin für alle zugänglich bleibt.“