Kirchheim
Workation: Tapetenwechsel,der produktiv macht

Trend Mit Laptop und Bademantel raus ins Freie: Die vorübergehende Homeoffice-Pflicht hat die Büro-Arbeit neu aufgestellt. Manche igeln sich gern daheim ein, andere holen sich auswärts neue Impulse. Von Irene Strifler

Arbeit und Urlaub kombinieren, das klingt verlockend. Dafür gibt es einen Begriff: „Workation“, aus „work“ und „vacation“. Den Urlaubsaspekt garantieren schöne Umgebung und sportliche oder entspannende Aktivitäten nach Feierabend. Für die Arbeit gibt’s einen Arbeitsplatz oder ein Co-Working-Space im Haus, stabiles WLAN und das komplette Büro-Equipment inklusive Drucker.

Immer mehr Hotels schreiben sich bundesweit den neuen Trend auf die Fahnen. Rund um die Teck regiert allerdings die Bescheidenheit: Manch ein Vermieter bietet diese Aufenthaltsform an, verzichtet aber auf das neudeutsche Etikett. Von „long stays“ spricht man im Hotel Seminaris in Bad Boll. Für Geschäftsleute, die sich mehrere Tage oder gar Wochen am Fuße der Alb einquartieren, gibt es dort Appartements mit Kitchenette, damit sich die Langzeitgäste wie zu Hause fühlen.

Die Gemeinde Beuren, die sich auf ihrer Homepage als „Erholungsort mit Heilquellenkurbetrieb“ bezeichnet, kann als Krönung mit ihrer Panoramatherme locken. Tatsächlich wird dort im Angesicht des Hohenneuffen in so mancher Ferienwohnung auch jetzt schon nicht nur Urlaub gemacht, sondern auch gearbeitet.

 

„Arbeiten geht für viele überall – dank Notebook.
Bürgermeister Daniel Gluiber

 

Daniel Gluiber, der Bürgermeister, bietet selbst eine Ferienwohnung an und hatte im Januar vier Wochen lang eine Mieterin aus Ludwigsburg, die tagsüber in der Wohnung blieb und abends zur Therme aufbrach. „Für sie war die Internetverbindung ganz wichtig“, erzählt er. Der Vermieter sieht „Workation“ durchaus als Chance, sowohl für die Region als auch für den Gast, denn er vermutet: „Vielleicht ist man in einer neuen, schönen Umgebung noch viel produktiver.“

„Workation ist eine coole Idee“, findet auch Sandra Schöne vom Stadtmarketing Kirchheim spontan und kann sich derlei Angebote speziell in und um Kirchheim gut vorstellen. Sie verweist auf die guten Wander- und Radfahrmöglichkeiten und auf den Charme der Stadt selbst.

Beim Tourismusverband Schwäbische Alb in Bad Urach hat man beobachtet, dass während der Pandemie Geschäftsleute Zimmer gemietet haben, um dem Trubel im heimischen Homeoffice zu entgehen. Sie brauchten nur stabiles WLAN und Platz zum Arbeiten. Manch einer will auch mal länger bleiben und Arbeit mit Urlaub verschmelzen.

 

Trend mit Chancen – Irene Strifler empfiehlt Workation als Marketingstrategie in ihrem Kommentar

Urlaub machen und gleichzeitig arbeiten? – Da macht man doch keins von beidem richtig! So lautet häufig die Reaktion, wenn das Gespräch auf genau diese Verbindung fällt, heute „Workation“ genannt. Wer’s mal ausprobiert hat, schwärmt in den höchsten Tönen davon und drängt auf Wiederholung. Natürlich passt dies genauso wie ­Homeoffice nicht zu jeder Tätigkeit. Doch stolze 30 Prozent der Deutschen sind laut Bayerischem Zentrum offen für einen Versuch. – Eine Zahl, die man nicht einfach so belächeln sollte.


Dieser Trend bietet Chancen, und zwar in mehrfacher Hinsicht: Arbeitnehmer und Selbstständige fühlen sich erfrischt und betonen, sowohl in der Wor­kation-Phase als auch danach leistungsfähiger als vorher zu sein. Noch größer ­dürfte die ­Chance für den regionalen Tourismus sein. Es gibt nämlich nicht nur die paar berühmten „Urlaubsnomaden“, die von den Fidschi-­Inseln bloggen, sondern auch eine Reihe von Frankfurtern oder Kölnern, die es an den Albtrauf ziehen könnte.

Touris­tisch betrachtet ist die hiesige Region weitgehend Niemandsland. Warum, weiß keiner, denn Einheimische genießen die Möglichkeiten in puncto Wandern, Radfahren oder Joggen, die schöne Landschaft und trotz allem die Nähe zur Stadt. – Workation ist die perfekte Marketingstrategie.