Zum letzten Mal macht Silvia Ament fast wehmütig eine Variante des „Baumes“ und der „Kriegerin“ für das Foto in den Räumlichkeiten des Yoga-Lofts in der Kirchheimer Max-Eyth-Straße. Nach eigener Aussage hat sie hier das erste Yoga-Studio in Kirchheim gegründet und elf Jahre Yoga unterrichtet. Doch wegen Corona ist der 53-Jährigen nun die Puste ausgegangen. Seit November musste sie ihr Studio wegen der Pandemie geschlossen halten, parallel dazu ist ihre heutige Geschäftspartnerin in Elternzeit gegangen. Die Einnahmen seien weggebrochen und so habe sie auf Ende Mai kündigen müssen. „Es gab leider kein Angebot vom Vermieter, mir mit der Miete entgegenzukommen“, sagt sie und so steht sie verloren in dem Loft, das vor Corona-Zeiten ein Treffpunkt für die Yoga-Community war.
Yoga-Lehrerinnen mit unterschiedlichen Schwerpunkten konnten im Loft Kurse anbieten. „Es war eine Stätte der Bewegung und Begegnung für Kinder, Schwangere und Senioren“, sagt Ament, die auch Vorträge und Seminare rund um das Thema Gesundheit hält. „Mein Berufsfeld ist es, den Menschen ganzheitlich gesund zu halten“, sagt sie. Die 53-Jährige hat damit Erfahrung: Als Krankenschwester kam die gebürtige Österreicherin 1994 der Liebe wegen nach Kirchheim. Sie arbeitete dort als Intensivkrankenschwester und studierte während der Elternzeit mit ihrem zweiten Kind Gesundheitspädagogik. Zusätzlich machte sie noch eine Yoga-Ausbildung. „Was ich anbot, ging über Yoga hinaus“, betont sie.
Doch Yoga ist immer ihre Leidenschaft gewesen. „Damit kann man seine gesundheitliche Situation verbessern und leichter durch eine kollektive Krise kommen“, meint sie mit Blick auf die Pandemie. Nach dem Lockdown im November habe sie vor der Entscheidung gestanden, entweder alle Abonnenten zu kündigen und dann staatliche Hilfen zu beanspruchen oder trotz Lockdown weiterzumachen. Sie habe sich für Letzteres entschieden.
Als alleinerziehende Mutter zweier erwachsener Söhne und einer Tochter im Teenageralter sei ihr die Existenz weggebrochen. Sie sei jedoch von Grund auf optimistisch, auch wenn es manchmal erschöpfend sei. „Die Kunden haben so treu zu mir gestanden. Dafür bin ich dankbar“, sagt sie. Und so unterrichtet die 53-Jährige jetzt online. Sechsmal wöchentlich gibt es einen Livestream per Zoom. Je nach Abovertrag könne man an allen Veranstaltungen teilnehmen, zwei Mal wöchentlich oder sich eine Zehnerkarte kaufen.
Neukunden zu gewinnen sei aber schwierig. Sie habe sich zwar eine externe Kamera und ein Mikro angeschafft, damit sie die Menschen über den Bildschirm korrigieren könne. Dies sei jedoch etwas anderes, als Menschen vor sich zu haben. Hinzu käme, dass online nicht jedermanns Sache sei wegen der Technik oder der Räumlichkeiten zu Hause. Jetzt hoffe sie darauf, dass im Sommer draußen Unterricht möglich wird.
Appell an die „Community“
Sie habe vor Kurzem einen Appell an ihre „Community“ gerichtet. Eine Frau habe ihr angeboten, dass sich die Kursteilnehmer in ihrem Garten treffen könnten. Sie würde sogar ihren WLAN-Code zur Verfügung stellen, damit Ament Hybrid–Unterricht anbieten könne. Den Garten hat die Yoga-Lehrerin bereits angeschaut und ist gerührt von dem Angebot. Wo sie im Herbst weiter unterrichten wird, das stehe noch nicht fest. Klar sei für sie, dass sie derzeit keinen Mietvertrag unterschreiben könne. „Ich kann mich nicht festlegen, wie es im September weitergeht“, sagt sie. Doch ein Anliegen hat Silvia Ament, unabhängig von Corona: „Die Gesundheit ist die Grundlage von allem. Ohne Gesundheit bricht alles weg und wird unbedeutend“, erklärt die Diplom-Gesundheitspädagogin. Deshalb plädiert sie dafür, dass mehr Anreize für Versicherte geschaffen werden, damit Menschen Energie, Zeit und Willen dafür einsetzten, gesund zu bleiben. Der Fokus liege im derzeitigen Medizinbetrieb dagegen auf der Krankheit, meint sie. Es sei leichter zum Arzt zu gehen und ein Rezept zu bekommen. Persönlich und auch finanziell würde es sich für das System aber auszahlen, wenn sich hier etwas veränderte. Ihrer Meinung nach verhindere zu viel Bürokratie, Präventionsmaßnahmen anzubieten. Sie sehe ihre Aufgabe darin, Menschen so gut in Schwung zu bringen, dass sie sich besser fühlen und seltener krank werden.