Wer eine Bleibe hat, die angemessen und bezahlbar ist, kann sich glücklich schätzen. Immer öfter müssen Alleinerziehende oder Familien in äußerst beengten und ungeeigneten Wohnverhältnissen leben oder gar in städtischen Notunterkünften untergebracht werden, wie Friederike Kenner, Verantwortliche für das Projekt „Stark-ES“, weiß.
Sie erzählt von einer alleinerziehenden Mutter und ihren fünf Kindern, die in einer viel zu engen Drei-Zimmer-Wohnung untergebracht sind. Oder von einer vierköpfigen Familie, die in einem einzigen Bett schlafen müssen, weil ihre Bleibe keine andere Möglichkeit bietet. Beiden Beispielen gemein ist, dass es für alle Beteiligten keine Privatsphäre gibt, das Lernen für die Kinder schwierig ist, die Wohnung als Schutzraum oder Rückzugsort nicht existiert. Ganz zu schweigen, von der gesellschaftlichen Teilhabe, die für die Betroffenen deutlich erschwert ist.
Reinhard Eberst, Leiter des Diakonischen Grunddienstes und der Diakonischen Bezirksstelle Kirchheim, sieht seit langer Zeit viele Personen, die eine bezahlbare Wohnung suchen. „Schon seit 15 bis 20 Jahren merken wir, dass das Thema Wohnen vor allem bei Familien immer mehr in den Vordergrund tritt, da es für viele Menschen eine große Herausforderung darstellt, bezahlbare Wohnungen zu finden“, sagt er. Die zunehmende Anzahl der Eigenbedarfskündigungen sorgt für weitere Spannung auf dem Wohnungsmarkt.
Mit der Projektausschreibung des Landes Baden-Württemberg im vierten Quartal 2021 habe man sich dazu entschieden, sich darauf zu bewerben, um Familien in ihrer schwierigen Wohnungslage personell besser unterstützen zu können als dies bisher in der Sozialberatung möglich war.
Um zu schauen, wie unterstützt werden kann, besucht Friederike Kenner deshalb die Betroffenen zuhause, macht eine Bedarfsermittlung, schaut sich die Wohnverhältnisse an – und mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen haben. Sie hilft bei bürokratischen Unklarheiten. „Viele wissen nichts von einer Mietobergrenze, die eingehalten werden muss, wenn sie Jobcenterleistungen beziehen“, nennt sie ein Beispiel. Sie macht sich ein Bild von der individuellen Situation und welche Gründe vorliegen könnten, warum keine Wohnung gefunden wird. „Das Ziel ist, dass die Familien selbst in der Lage sind, Wohnungen zu suchen. Wir formulieren Texte für Wohnungsgesuche, überlegen gemeinsam, wie eine Vorstellung bei einem möglichen Vermieter aussehen kann oder unterstützen beim Antworten auf Wohnungsanzeigen“, sagt sie. Außerdem ist ihr die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben der Kinder in den betroffenen Familien ein Anliegen.
Das Hauptproblem für die Situation vieler sei der Wohnungsmarkt. „Die meisten Wohnungen sind zu teuer“, sagt Friederike Kenner. Aber auch die Herkunft, manchmal auch die Anzahl der Kinder und negative Schufa-Einträge, die nichts darüber aussagen, ob jemand seine Miete regelmäßig bezahlt, nennt sie als Gründe. „Die Familien führen einen ordentlichen Haushalt, haben auch ihre Kindererziehung gut im Griff. Das Einzige: Sie haben eine wahnsinnig schwierige Wohnsituation. Was uns Sorge macht, ist die sich daraus ergebende Situation der Kinder und Jugendlichen“, sagt Reinhard Eberst. Ein weiteres Problem kann sich in den nächsten Monaten aus den steigenden Nebenkosten ergeben. Hier sieht er jedoch die Politik in der Verantwortung einzugreifen, damit sich die Zahl derer, die sich eine Wohnung nicht mehr leisten können, nicht noch weiter erhöht.
Ziel des Projektes ist es, Wohnungsanbieter direkt anzusprechen, Vorurteile abzubauen und damit Wohnungssuchenden für ein bezahlbares Heim Türen zu öffnen. Auf Wunsch erhalten Vermieter ein Formular mit dem sie Mietwohnraum an die Diakonische Bezirksstelle (DBS) Kirchheim melden können. Diese empfiehlt und vermittelt kostenlos geeignete Mieterinnen und Mieter. So will man einen Beitrag leisten, das Ungleichgewicht zwischen Markterfordernissen und Sozialverträglichkeit wieder herzustellen.
Die Bezirksstelle garantiert zwei Mieten
Die Diakonische Bezirksstelle steht beratend zur Seite, wenn es um den Mietvertrag gehe. Denn gerade, wenn man Arbeitslosengeld 2 bezieht, gibt es ein paar Dinge zu beachten. Auch ist eine sichere Mietzahlung für alle beteiligten wichtig. Deshalb garantiert die Diakonische Bezirksstelle diese durch eine Ausfallsicherung von bis zu zwei Monatskaltmieten. Sie begleitet Wohnungssuchende ins neue Heim. Ebenso werden die Vermieterinnen und Vermieter auf Wunsch für bis zu acht Wochen begleitet. Info Wer eine Wohnung zu vermieten hat, kann sich bei Friederike Kenner unter der E-Mail dbs.ki@kdv-es.de oder der Telefonnummer 0 70 21/92 09 20 melden. cw