Kirchheim
Zum Jubiläum brennt die 60

Laternenfest So viele Kinder waren es noch nie, die mit ihren Lichtern durch Kirchheims Innenstadt gezogen sind. Die Tradition wurde vor 60 Jahren begründet. Von Thomas Zapp

Gleich kommen die Samba-Tänzer“, entfährt es einem Vater, als die Musiker der Musikschule und die Jugendstadtkapelle Kirchheim „Brazil“ anstimmten, während mehr als 500 Teilnehmer beim Kirchheimer Laternenfest durch die Innenstadt zogen. So mild wie beim Karneval in Rio sind die Temperaturen dann aber doch nicht, und musikalisch bleiben brasilianische Klänge ein Intermezzo. Natürlich fehlen die Klassiker „Laterne, Laterne“ ebenso wenig wie „Ich geh mit meiner Laterne“ oder „Sankt Martin“, während der stimmungsvolle Umzug in beleuchteten Fenstern der Geschäfte für erfreute Gesichter sorgt.

Fast 1000 Kinder und Eltern waren zum 60. Jubiläum des Laternenfests durch Kirchheims Innenstadt dabei. Zum 26. führte Andreas K
Fast 1000 Kinder und Eltern waren zum 60. Jubiläum des Laternenfests durch Kirchheims Innenstadt dabei. Zum 26. führte Andreas Kenner als Nachtwächter die

 

Etwas mehr als eine halbe Stunde dauert der Laternenlauf vom Rossmarkt-Brunnen über Turmstraße, Dreikönigstraße und Marktstraße bis zum Rollschuhplatz. Kurz vor dem Ziel machen sich erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar. „Müssen wir das alles wieder zurückgehen“, fragt einer der jüngeren Teilnehmer. Die gute Nachricht lautet: Nein, das Ziel ist nahe.

Die Kirchheimer lieben ihren Umzug, und wer nichts von dem Jubiläum gewusst hat, merkt es spätestens zur Schlussveranstaltung an der Stadtmauer: Auf der prangt oben eine 60, die zum abschließenden Feuerwerk ebenfalls in leuchtend grünen Farben brennt. Knapp 1 000 Kinder und Eltern mögen es gewesen sein, die zur Abschlussveranstaltung mitgelaufen sind. „So viele waren es wohl noch nie“, meint Andreas Kenner. Er sollte es wissen: Der SPD-Landtagsabgeordnete hat an diesem Abend zum 26. Mal den Nachtwächter gegeben, der den Zug mit seiner mittelalterlichen Laterne anführt. „Meine Mutter behauptet, ich war auch beim ersten Mal dabei, aber daran kann ich mich nicht erinnern“, meint der 61-Jährige, der isch für seine Rolle stets den Bart wachsen lässt.

 

Am Rollschuhplatz wurde bewusst auf Beleuchtung verzichtet, um die Laternen besser zur Geltung kommen zu lassen. Das ist schön anzuschauen, bringt aber organisatorische Herausforderungen mit sich. „Das Nachtwächterlied muss man auswendig können“, erzählt Andreas Kenner auf der Bühne, bevor es mit seiner Bassstimme und all seiner Erfahrung gekonnt vorträgt. Beim ersten Mal habe er es mit einem Zettel versucht und kam ins Stocken. Das habe nicht etwa an Getränken gelegen, die er vorher zu sich genommen hatte, stellt er richtig, sondern am fehlenden Licht.

Latene Laternenlauf 60 Jahre Nachtwächter und Feuershow Rollschuhplatz
Latene Laternenlauf 60 Jahre Nachtwächter und Feuershow Rollschuhplatz

 

Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker schwärmt bei ihrer Begrüßung von den schönen Farben und Formen der zahlreichen Laternen, ob selbst gebastelt oder gekauft, meistens elektrisch betrieben. Als sie Anfang der 60er-Jahre beim Laternenumzug auf den Straßen Kirchheims unterwegs war, gingen die Kinder alleine. Die Eltern, darunter auch ihr Vater, waren lediglich als Aufpasser mit dabei. Zu diesem Zwecke hatten sie eine Decke dabei. „Falls eines der Kinder Feuer fängt“, erzählt Angelika Matt-Heidecker. Die Sorge war damals nicht unbegründet, denn in sämtlichen Laternen brannten Kerzen.

Feuer spielt auch dieses Mal wieder eine Rolle. Der Feuertänzer, der mit freiem und tätowierten Oberkörper brennende Fackeln und glühende Hanteln balanciert, setzt den spektakulären Höhepunkt vor dem abschließenden Feuerwerk. Zu guter Letzt lässt die Oberbürgermeisterin 400 gebackene Männchen unter den Kindern verteilen.