Kirchheim
Zum Tag des Briefes:„Schreib mal wieder!“

Kommunikationskultur Mit dem Aufruf, Briefe zu verfassen, kurbelte die Post in den 80ern das Geschäft mit Briefen und Postkarten an. Seit 2014 gilt der 1. September als „Welttag des Briefeschreibens“. Von Helga Single

Wer schreibt heute eigentlich noch Briefe? Dass diese Form der Kommunikation inzwischen antiquiert ist, machen die Zahlen der Deutschen Post DHL deutlich, die immer weniger Briefe befördert. Im Jahr 2022 waren es rund 14,1 Milliarden Briefe, 2019 noch 15,9 Milliarden. Ein

 

Briefe soll man wie jedes Vergnügen
nach getaner Arbeit sich gestatten.
Gottfried Keller (1819-1890)

 

Grund für die kleiner werdende Menge beförderter Briefe ist, dass Privatpersonen und Firmen vermehrt per E-Mail oder auf anderen digitalen Kanälen kommunizieren.

Die Bundesnetzagentur hatte der Post Preiserhöhungen von bis zu 4,6 Prozent von 2022 bis 2024 genehmigt. Die aktuellen Preise gelten seit Anfang 2022, als sich der Inlandsstandardbrief von 80 auf 85 Cent verteuerte und die Postkarte um 10 Cent auf 70 Cent angehoben wurde. Doch die derzeitige Mengen-, Umsatz- und Kostenentwicklung weiche stark von der Prognose aus dem Jahr 2021 ab, die den bis Ende 2024 genehmigten Preisen zugrunde liege, hieß es nun vom Unternehmen. Eigentlich sei das Briefporto bis Ende 2024 festgelegt, aber die Deutsche Post wollte eine Preiserhöhung schon vorher durchzusetzen und hat dies bei der Bundesnetzagentur beantragt – vergeblich. „Die von der Behörde ursprünglich unterstellten Kosten und Briefmengenentwicklungen“ seien nicht eingetreten, so die Chefin der Post- und Paketsparte des Unternehmens, Nikola Hagleiter. Ohnehin liege der Preis für einen Standardbrief mit 85 Cent derzeit weit unter dem europäischen Durchschnittspreis von 1,33 Euro.

Das veränderte Verbraucherverhalten bekommt nicht nur die Post zu spüren, es schlägt sich auch im Sortiment des Schreibwarenhandels nieder. Nach Auskunft von Susanne Heinzmann von Schreibwaren Wall am Markt geht der Trend zu einzelnen hochwertigen Briefbögen mit passendem Umschlag, gern farbig und von höherer Papierqualität. Im Zeitraum von 20 Jahren sei der Absatz von hochwertigen Briefblocks mit Leinenstruktur oder glattem satinierten Papier mit Wasserzeichen deutlich zurück gegangen. Die früher so beliebten Kassetten mit Motivpapier, die von Mädchen gern gekauft wurden, gibt es nur noch in geringer Zahl im Sortiment.

Beim Absatz der Füllfederhalter sieht es ähnlich aus. Hier spielt auch der Preis eine große Rolle. Doch generell seien es die teureren Modelle, die „meistens verschenkt werden“, erklärt die Expertin. Unbeeindruckt von der Digitalisierung würden Notizbücher gut nachgefragt, „da darf es dann gern etwas Hochwertigeres sein, auch mit Verzierungen“, sagt die Fachfrau. Warum das so ist, kann sie sich nicht erklären.

Für den neuen Trend des „Handlettering“, auch bekannt als die gute alten Kalligraphie, verkauften sie auch verschiedene Federstärken und diverse Schreibobjekte. „Hier lässt man der Kreativität freien Lauf“.