Kirchheim
Zurück zur Natur: Szenen am Bach

Gewässer Die Stadt Kirchheim appelliert an Anwohner und Grundstückseigentümer, die Ufer sauber zu halten – zum Schutz vor Hochwasser, zum Schutz des Wassers und zur Stärkung der Böschungen. Von Andreas Volz

Ein Zaun ums Grundstück ist nicht immer zulässig. Gerade am Ufer eines Bachs können Zäune bei Hochwasser noch zusätzlich verheer
Ein Zaun ums Grundstück ist nicht immer zulässig. Gerade am Ufer eines Bachs können Zäune bei Hochwasser noch zusätzlich verheerend wirken. Fotos: Stadt Kirchheim

Am Bach lässt sich das Leben aushalten. Plätscherndes Wasser, Fische, Vögel, Bäume, die Kühle durch den Schatten und durch das Wasser - das alles sorgt für die reinste Idylle. Schon vor über 200 Jahren hat kein Geringerer als Beethoven eine solche Idylle musikalisch geschildert: im zweiten Satz seiner „Pastorale“. Schöner geht es wirklich nicht.

Allerdings entspricht das idyllische Ideal nicht immer der Wirklichkeit, wie das Bild rechts beweist. Deswegen spricht Eberhard Müller, der bei der Stadt Kirchheim für die Pflege der Gewässer zuständig ist, auch nicht nur vom Privileg, am Bach zu wohnen. „Wer so ein Grundstück hat, kann sich glücklich schätzen. Er sollte aber bedenken, dass damit auch Pflichten verbunden sind.“

Private Müllablagerungen sind immer problematisch – auch auf dem eigenen Grundstück. In Gewässernähe sind sie sogar verboten.

Kirchheims Erster Bürgermeister Günter Riemer nennt „Missstände, die beseitigt werden müssen“. Dazu gehören Unrat sowie „private Landgewinnung“. Beides ist zunächst verständlich. Wer einen Komposthaufen anlegt, wird sich dafür nicht die Mitte seines Gartens aussuchen, sondern eher einen Randstreifen. Bäume und Büsche in Bachnähe scheinen dafür ideal zu sein. Das ist aber zu kurz gedacht. Zwei konkrete Gefahren für das Ökosystem Wasser sind damit verbunden: Einerseits können Abfälle wie Kompost oder Grünschnitt jederzeit von einem Hochwasser mitgerissen werden und die Flut anschließend noch verstärken. Andererseits können dadurch auch Stoffe ins Wasser geraten, die dort nicht hingehören.

Zum Hochwasser, das im Juni 2018 für großes Entsetzen in Kirchheim gesorgt hatte, stellt Günter Riemer im Nachhinein fest: „Da hatten wir sogar noch das große Glück, dass die Heuernte noch nicht im Gange war. Sonst hätten wir noch ein viel größeres Problem bekommen.“ Wasserfluten schwemmen eben alles mit, was im Weg liegt oder sich in den Weg stellt - wenigstens bis zur nächsten Barriere, wo sich das Wasser dann zusätzlich aufstaut und für noch größere Verwüstungen sorgt.

Aus diesem Grund sind auch alle Bauten am Gewässerrand untersagt - wenn dafür keine behördliche Genehmigung vorliegt. Bauten sind nicht nur Ufermauern oder Treppen, sondern auch Zäune. Das alles kann einerseits weggespült werden oder aber zum ungewollten Stauwehr werden. Andererseits hindert es den natürlichen Fluss des Bachs.

Auch das umgekehrte Problem ist zu vermeiden: Bei langer Trockenheit drohen Bäche mitunter zu versiegen. Deswegen ist auch die Wasserentnahme klar geregelt: Geschöpft werden darf das Wasser aus dem Bach zwar durchaus - aber nur von Hand. Wer statt mit Eimer oder Gießkanne lieber mit einer Pumpe arbeiten will, braucht auch dafür eine Genehmigung.

Klar geregelt ist außerdem die Zuständigkeit: Bis zur Böschungsoberkante sind entweder die Kommunen oder das Land gefordert, wenn es um die Pflege von Gewässer oder Gehölz geht. Von der Böschungsoberkante an ist der jeweilige Grundstückseigentümer gefragt, wobei genau an dieser Kante eine wichtige Zone beginnt: der „Gewässerrandstreifen“. Innerorts ist der Streifen fünf Meter breit, außerorts zehn Meter. Für den Gewässerrandstreifen gelten wichtige Schutzbestimmungen. Nicht nur die Lagerung von Kompost, Holz, Unrat und sonstigen Materialien oder auch irgendwelche baulichen Anlagen sind dort unzulässig. Es ist auch verboten, dort Pflanzenschutz- oder Düngemittel zu verwenden - wegen der großen Gefahr, dass diese Stoffe ins Wasser gelangen könnten.

Weiden sind die perfekten Bäume

Eberhard Müller will aber nicht nur auf Verbote hinweisen, sondern auch erklären, was sich dem Gewässer Gutes tun lässt: „Ideal sind Bäume wie Weiden oder Eschen am Uferrand. Die wurzeln zum Wasser hin, sogar unter das Wasserbett. Das schützt die Böschung vor Erosion.“ Ganz schlecht dagegen sind Nadelbäume: „Die wurzeln viel zu flach und können die Böschung nicht halten.“ Günter Riemer ergänzt, dass oft auch „ehemalige Weihnachtsbäume“ an Böschungen gepflanzt werden. So naheliegend diese Idee ist, so schlecht ist sie auch - wegen der flachen Wurzeln.

Günter Riemer und Eberhard Müller hoffen, durch den Dialog mit Anwohnern ein stärkeres Bewusstsein für das Ökosystem Wasser zu bekommen. Empfindliche Bußgelder bei Missständen sind zwar möglich. Aber sie sind nicht das erklärte Ziel: „Wir wollen um Verständnis werben - und wir freuen uns über jedes Grundstück, wo alles ordentlich ist.“