Kirchheim
Zwischen Klimaretter und „Umweltsau“: Was kann KI?

Umwelt Experten zeigen bei der Firma Feeß, wie mit Künstlicher Intelligenz ökologische Ziele verwirklicht werden. Von Thomas Zapp

Kirchheim. Recycling und Kreislaufwirtschaft treibt das Kirchheimer Unternehmen Feeß seit mehr als 70 Jahren mit menschlicher Intelligenz und Willenskraft voran: In der Region ist es führend in der Gewinnung sogenannter Primärbaustoffe aus recycliertem Bauschutt, aus denen zum Beispiel nachhaltiger R-Beton gewonnen wird. Dass die Branche Potenzial hat, einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, zeigt Alexander Feeß im firmeneigenen Kompetenzzentrum K3 beim Meeting der Wirtschaftsinitiative bwcon mit Experten aus der Digitalbranche. Ziel des Treffens mit Experten aus der Digitalbranche war es, Potenziale von Nachhaltigkeit und Künstlicher Intelligenz auszuloten. 

Allein in Deutschland produziert die Bauwirtschaft 200 Millionen Tonnen Abfälle. Doch die können auf dem Firmengelände ihr „blaues Wunder“ erleben, denn die Waschanlage holt  aus Bauschutt sauberen Kies und sauberen Sand.

Ziel der Veranstalter ist es aber, Potenziale zu zeigen, wie aus umweltfreundlichen Technologien mittels KI noch mehr herausgeholt werden kann. So gab Experte Dr. Tehseen Rug von iteratec Einblicke in seine Arbeit, wie sein Unternehmen mit dem gezielten Einsatz von Künstlicher Intelligenz klimafreundlicheren Zement entwickelt hat. Um seine Motivation anschaulich zu machen, brachte er eine beeindruckende und beunruhigende Zahl mit: „Acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen entstehen durch die Zement- und Betonproduktion“, erklärte er. Mit KI konnte er gezielt Parameter wie Wirtschaftlichkeit, Festigkeit und nachhaltige Bestandteile bei der Betonentwicklung optimieren und gelangte deutlich schneller zu brauchbaren Ergebnissen als herkömmliche Labors.

 

Wird alles besser Dank KI

Kai Bullach, Klimaschutzbeauftragter der Stadt Kirchheim, zeigt noch Potenziale in der Mobilität mit smarten Elektrobussen und in der Landwirtschaft mit KI-gestützter Düngung. Wird also beim Klimaschutz alles besser mit KI? 

An Julian Feinauer, laut LinkedIn-Profil „Mathematiker auf Abwegen“, Open-Source-Liebhaber und „Treiber der Digitalisierung im Mittelstand“, war es dann, Wasser in den Wein zu gießen. Er machte die Rechnung auf, was KI an Energie verbraucht, und nutzte dafür unterhaltsam und provokant anschauliche Entsprechungen von Kaffeekochen und Brottoasten. Sein vorweggenommenes Fazit sorgte für Heiterkeit und Ernüchterung unter den Anwesenden: „KI ist eine alte Umweltsau“ – in Anlehnung an eine WDR-Satire mit einem Kinderchor. 

Die Fakten: Chat GTP greift auf etwa 100 Billionen Parameter zu, eine Anfrage bei Chat GPT erzeugt etwa 300 Wattstunden, was 21 Tassen Kaffee entspricht. Bei 100 Millionen aktiven Nutzern würden bei einer Anfrage pro Nutzer und Monat zusammen 30 Millionen Kilowattstunden Energie benötigt. Das ist im Vergleich zu einer Google-Anfrage das 1000-Fache an CO2-Ausstoß. Schätzungen zufolge würde KI im Jahr 2027 weltweit mehr Energie pro Jahr benötigen, 124 Terrawattstunden, als alle Haushalte in Deutschland zusammen, die etwa auf 100 Terrawattstunden kommen. Die These des Experten stellt die KI-Begeisterung infrage: „Es wird viel Energie aufgewendet, um Energie zu sparen.“ Fazit des Expertenmeetings: Klare Lösungen gibt es nicht – aber das hatte vermutlich auch keiner erwartet.