Kirchheim
Was macht eigentlich der Kreistag?

Wahl Der Politikbetrieb im Landkreis tut sich in der öffentlichen Wahrnehmung schwer. Dabei ist er so nah am Alltag der Menschen wie kaum eine andere demokratisch gewählte Instanz. Von Bernd Köble

Der Kreistag und seine Ausschüsse tagen während des Baus des neuen Esslinger Landratsamts im Quadrium in Wernau. Die Sitzungen finden am Donnerstagnachmittag statt.   Foto: Ralf Just

Wenn im Rahmen der Kommunalwahlen am 9. Juni in Baden-Württemberg nach fünf Jahren auch die Kreistage neu gewählt werden, heißt es für die Bewerberinnen und Bewerber wieder einmal Überzeugungsarbeit leisten. 96 Abgeordnete aus sieben Fraktionen und 13 Wahlkreisen sowie zwei Einzelmitglieder vertreten zur Stunde die Interessen der Bewohner im Kreis Esslingen. Ehrenamtliche Parlamentsarbeit, die so nah an den Menschen ist wie sonst nur in den Gemeinderäten. Doch was beschäftigt eigentlich die Kreispolitik? Vereinfacht ausgedrückt: Der Landkreis und seine politischen Organe übernehmen den Job, mit dem jede der 44 Städte und Gemeinden zwischen Alb, Filder, Neckar und Schurwald für sich allein überfordert wäre. Das sind nicht wenige Aufgaben. Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Themen.

 

Abfallwirtschaft Wohin geht der Müll? Wer sammelt ihn zu welchen Konditionen ein, und wie viel müssen die Haushalte letztlich dafür bezahlen? Bei allen Fragen zu Deponien, zum kreiseigenen Kompostwerk oder zu Partnern wie dem Stuttgarter Müllheizkraftwerk in Münster, wo der Restmüll aus dem Kreis Esslingen verbrannt wird, reden die Bürgervertreterinnen und -vertreter im Kreistag ein gewichtiges Wort mit.

 

Sozial- und Jugendhilfe Der Landkreis unterhält Hand in Hand mit freien Trägervereinen ein engmaschiges Netz an Hilfsangeboten und Beratungsstellen für jedes Alter und fast alle Lebenslagen. Vieles davon sind staatliche Pflichtaufgaben, anderes wiederum Freiwilligkeitsleistungen. Während die Verwaltung diese Hilfen koordiniert, entscheiden der Kreistag und seine Ausschüsse darüber, wie Gelder verteilt, Themen gewichtet und Aufgaben strategisch angegangen werden.

 

Schulen Der Landkreis ist zuständig für Berufsschulen und sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren für Menschen mit Behinderung. Die Kreispolitik entscheidet über die Ausstattung der Schulen und über Inves­titionen in Modernisierung und Erneuerung.

 

Nahverkehr Welches Busunternehmen fährt Kinder zur Schule? Welche neuen Fahrtmöglichkeiten gibt es nachts von der Stadt heim aufs Land, und wie gestalten sich die Kosten für die neue S-Bahn-Strecke? Bei allen Fragen zum öffentlichen Nahverkehr sitzt die Kreisverwaltung als Verbundpartner in der Region Stuttgart mit am Verhandlungstisch. Das Mandat dafür erhält sie von den Mitgliedern des Kreistags.

 

Straßen Wo immer eine Kreisstraße erneuert, ein Radweg gebaut oder Verkehrshindernisse aus der Welt geschafft werden müssen, sind das Straßenbauamt und die Straßenmeistereien des Landkreises gefordert. Die Kreispolitik entscheidet über die nötigen Planungsschritte und über die Finanzierung.

Gesundheit Die Bedeutung des Gesundheitswesens in den Landkreisen wurde während der Corona-Pandemie besonders deutlich. Gesundheitsamt und die drei kreis­eigenen Medius-Kliniken, die als ausgegliederte Betriebe auf eigene Rechnung wirtschaften, leis­ten einen entscheidenden Beitrag zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung hier im Kreis. Mitglieder des Kreisparlaments sitzen im Aufsichtsrat der Medius-Kliniken. Vorsitzender im Kontrollgremium ist der vom Kreistag gewählte Landrat. Zum erweiterten Bereich des Gesundheitswesens zählt auch das Veterinäramt als wichtiger Partner in der Landwirtschaft.

Umwelt-, Natur- und Klimaschutz Fast die Hälfte des 640 Quadratkilometer großen Kreisgebiets steht unter Landschafts- oder Naturschutz. Entsprechend zahlreich sind die oft staatlich diktierten Aufgaben, die die Untere Naturschutzbehörde umzusetzen hat. Die Kreispolitik hat vor allem dort Gestaltungsraum, wo es um Information und Aufklärung geht. Beim zentralen Thema Klimaschutz setzen die Bürgervertreter die Leitplanken, etwa bei der Erarbeitung und Weiterentwicklung eines eigenen Klimaschutzkonzeptes oder wie zuletzt bei der Einrichtung einer Klimaschutz­agentur als Partner für Privathaushalte, Gewerbe und Kommunen.