Landtagswahl
Mehr Frauen in die Parlamente

Wahlrechtsreform Frauenliste und Volkshochschule haben die Kandidaten für die Landtagswahl zu einer Online-Diskussion eingeladen. Es ging über das Thema Parität in der Politik. Von Iris Häfner

Wir können vieles - auch Parität?“, lautete der Titel der gemeinsamen Online-Veranstaltung von Frauenliste Kirchheim und Volkshochschule Kirchheim aus Anlass der Landtagswahl. An der Diskussion nahmen teil Lena Weithofer (Zweitkandidatin der Grünen), Dr. Natalie Pfau-Weller (CDU, Fraktionsvorsitzende im Kirchheimer Gemeinderat und Mitglied der Frauenunion), Tonja Brinks (Zweitkandidatin der SPD), Ralph Kittl (FDP), Hüseyn Sahin (Linke) und Christof Deutscher (AfD). Andreas Schwarz (Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag) und Andreas Kenner (SPD) waren beide im Plenum in Stuttgart. Die Moderation hatte Friederike Leisener, Mitarbeiterin der VHS Kirchheim.

Den Reigen durfte Christof Deutscher eröffnen. „Per se bin ich nicht gegen die Parität, befürchte aber, dass eine gewisse Qualität verloren geht“, sagte er. Von einer rein prozentualen Lösung hält er nichts, die Parteien sollten das intern regeln. Die Doppelbelastung der Frauen mit Familie und Beruf ist ihm bewusst. „Sie leisten unglaubliche Arbeit, das wird zu wenig gewürdigt“, erklärte er und sagte, dass er nur Frauen in seiner Firma angestellt habe.

„In 100 anderen Ländern geht Parität, warum nicht in Deutschland? Es wird dringend Zeit, dass der Landtag reformiert wird. Es muss eine gesetzliche Regelung her“, bezog Tonja Brinks klar Stellung. Wie im Reißverschluss-Verfahren müsse es einen 50-Prozent-Frauenanteil geben. Es habe zwar Verbesserungen gegeben, aber an einem Gesetz führe kein Weg vorbei. Vor allem auf kommunaler Ebene sei es schwierig, Frauen zu finden. „Das bedeutet eine Dreifachbelastung für die Frauen: Familie, Beruf und politisches Ehrenamt. Ein Entgelt muss her“, sagte sie.

„In Kirchheim herrscht bei uns ein ausgewogenes Verhältnis. Mit Renata Alt sitzt einen Frau für die FDP im Bundestag, ich als Mann kandidiere für den Landtag“, sagte Ralph Kittl. Jeder Kandidat müsse für sich selbst kämpfen, Lis- tenplätze gibt es für den Landtag nicht. „Die letzte Entscheidung liegt immer beim Wähler, nicht bei der Partei“, erklärte er und outete sich als großer Fan von Judith Skudelny, Generalsekretärin der Landes-FDP. „Wir haben durchaus Frauen, die Farbe reinbringen“, so Ralph Kittl.

Den Regierungspartner CDU kritisierte Lena Weithofer. „Die CDU hat sich nicht an die Koalitionsvereinbarung gehalten. Wir in Baden-Württemberg sind das Schlusslicht, unser Wahlsystem benachteiligt Frauen. Das müssen wir ändern“, steht für die Politikwissenschaftlerin außer Frage. Es brauche den weiblichen Blick vor allem auch in Pandemiezeiten, wo die Menschen wieder in alte Rollenklischees zurückfallen. „Wir brauchen starke Frauen“, sagte sie. Der Spiegel der Gesellschaft in den Parlamenten sei wichtig: Jung und Alt, Mann und Frau, mit und ohne Migrationshintergrund.

Natalie Pfau-Weller kritsierte, dass die Frauen in der Politik absolut unterrepräsentiert sind. „Mit Angela Merkel und Ursula von der Leyen scheitert es nicht an Vorbildern“, sagte sie und zitierte Helene Weber mit dem Satz: „Der reine Männerstaat ist das Verderben der Völker.“ Sie war CDU-Politikerin und eine der vier „Mütter des Grundgesetzes“. Natalie Pfau-Weller persönlich fände es schöner, wenn es keiner Quote bedarf. „Aber als Vehikel brauchen wir es, dass es dazu kommt“, sprach sie sich klar für die Wahlrechtsreform aus - und von einer verpassten Chance, weil es in der ablaufenden Legislaturperiode nicht geklappt hat.

„Es liegt in der DNA der Linken - wir leben Parität vor. Wir begreifen uns als feministische Partei“, sagte Hüseyn Sahin. Würde es eine Liste geben, wäre man um einiges weiter, denn das Landeswahlrecht benachteilige Frauen. Ganz klar findet er es deshalb gut, wenn es einen paritätischen Weg gibt. „Ich favorisiere die Wahllis- te, die ist leicht umzusetzen“, erklärte er. Es brauche eine Struktur, denn die Freiwilligkeit habe bei vielen Parteien nicht funktioniert. Im Grundgesetz gebe es ein Gleichstellungsgebot. Bei den Linken stecke der politische Wille dahinter.