Leserbrief
Absurdes Wahlgesetz 

Zum Artikel „Ausgebremste Wahlsieger“ vom 25. Februar

Es gehört zu den Absurditäten des neuen Wahlgesetzes, dass Politiker, die ihren Wahlkreis gewonnen haben, nicht in den Bundestag kommen, weil nur noch die Zweitstimme für die Zusammensetzung des Bundestags entscheidend ist, während die unterlegenen Kandidaten in einem Bundestagswahlkreis, die wesentlich weniger Stimmen bekamen, im Bundestag sitzen, wenn sie auf einem guten Listenplatz ihrer Partei positioniert sind.

Unvermittelbar ist es, wenn das aktuelle Wahlrecht dazu führt, dass Wahlkreissieger nicht in den Bundestag einziehen, der im Wahlkreis unterlegene Bewerber mit einem deutlich niedrigeren Erststimmenanteil aber doch. Gerade dieser soll dann die Bevölkerung repräsentieren, deren Wähler ihn mehrheitlich nicht gewählt haben.

Damit wird der Grundsatz des demokratischen Mehrheitswahlrechts, dass der, der die Mehrheit der Stimmen bei einer Wahl erhält, in ein politisches Amt kommt, ad absurdum geführt.

Dass in etlichen Wahlkreisen Bundestagsabgeordnete der Grünen oder der SPD über Listenplätze in den Bundestag einzogen, aber die eigentlichen Gewinner des Direktmandats nicht, entspricht nicht der Intention der Väter der deutschen Verfassung.

Dramatisch wirkte sich das neue, schlechte Bundestagswahlgesetz in den Bundestagswahlkreisen Stuttgart II, Lörrach und Tübingen aus. Dort wird die Bevölkerung, insgesamt circa 750.000 Bürger, fast sieben Prozent der Bevölkerung von Baden-Württemberg, keinen Ansprechpartner vor Ort im Bundesparlament mehr haben. Bundesweit sind 23 vollverwaiste Bundestagswahlkreise entstanden. Etwa fünf Millionen Wähler haben erstmals keinen Abgeordneten mehr im Bundestagswahlkreis. Repräsentative Demokratie sieht anders aus.

Peter Schuster, Notzingen