Leserbrief
Experten der Demokratie

Zum Leserbrief „Die Demokratie ist ein zartes Gebilde“ vom 31.­ Januar und zur Berichterstattung über das Bündnis für Demokratie und Menschenrechte

In letzter Zeit fällt auf, dass es in Kirchheim und dem Rest von Deutschland von Demokratieexperten nur so wimmelt. Da bilden sich spezialisierte Bündnisse für Demokratie, Omas kämpfen gegen Rechts, Hunderttausende, die es scheinbar besser wissen, gehen auf die Straße, um ihre Deutung der Demokratie zur Schau zu stellen. Oder es erklären einem Experten in der Leserbriefspalte, wie diese Demokratie so zu funktionieren hat. Ein Demokratiedoktor aus dem Lenninger Tal ließ uns wissen, dass es zur Demokratie sogar überhaupt keine Alternative gibt. Außerdem habe die CDU/CSU die Demokratie des Herrn Doktor zerstört, indem diese sich, auf Paragraf 38 Grundgesetz berufend, – nur ihrem Gewissen folgend – für einen Antrag im Bundestag entschieden hat. Das wäre womöglich sogar vom Demokratie-TÜV abgesegnet worden, wenn nicht auch noch die falsche Partei genauso mit abgestimmt hätte. Ist Demokratie also nur dann eine solche, wenn im Sinne des linken politischen Spektrums abgestimmt wird, beziehungsweise darf man richtiges Abstimmverhalten für die Aufnahme in den elitären Kreis der Gemeinschaft der Demokraten fordern?

Vielleicht liegt dem Handeln der Vorzeigedemokraten auch ein Trugschluss zugrunde, denn der Doktor behauptet in seinem Brief auch, dass der Mensch für sich selbst eine ständige Bedrohung darstellt, vor der ihn dann der gute Staat schützen muss. Womöglich sind wir aber doch alle „Im Grunde gut“, wie es das Buch des holländischen Historikers Rutger Bregman sagt. Ist vielleicht die Schule gar nicht die geeignete Einrichtung, um junge Menschen in den Gebrauch der Demokratie einzuführen? Entfremdet sie diese jungen Menschen womöglich sogar von ihrem natürlichen Guten, weil sie falsche Schwerpunkte setzt und die Schüler in starre Routinen zwingt, die das freie Denken erschweren?

Stefan Kromer, Kirchheim