Ich bin zutiefst enttäuscht von der einseitigen Berichterstattung zur gesellschaftlichen Abkehr vom Christentum. Statt den Gründen nachzugehen, warum immer mehr Menschen sich für ein Leben ohne Religion entscheiden, hat sich die Autorin dazu entschieden, diese Menschen unkommentiert von Detlef Pollack verunglimpfen zu lassen.
Es wird hier einfach die Behauptung aufgestellt, dass Menschen ohne Religion „erbarmungslos“ mit sich und anderen seien – ohne irgendwelche Begründungen. Die Erbarmungslosigkeit, die sich bis heute durch die Geschichte des Christentums zieht, wird hingegen ignoriert.
Pollack behauptet zudem, dass humanistische Werte wie Frieden, Gerechtigkeit und sozialer Ausgleich „ein christliches Erbe“ seien, „auch wenn das von den meisten nicht mehr so empfunden wird“. Das impliziert, dass die Menschheit vor dem oder außerhalb vom Christentum keinen dieser Werte je gepflegt hat und dass Christen den Humanismus erfunden und für sich gepachtet hätten.
Dabei braucht es für soziales Verhalten keinen Gott. Menschen sind soziale Lebewesen. Der Wunsch nach einem friedlichen und gerechten Zusammenleben ist auch aus einer naturalistischen Sicht heraus nachvollziehbar.
Auch die Implikation, dass Unterschiede beim Mitgefühl in Ost- und Westdeutschland nur auf Religion beruhen, ist intellektuell unredlich. Die wirklichen Ursachen für die Spaltung des Landes sind viel komplexer.
Nicht ein einziges Mal kommen aber die Konfessionsfreien selbst zur Sprache. Stattdessen bauen Frau Zoll und Herr Pollack ein Feindbild auf, das weder etwas mit der Realität zu tun hat, noch in irgendeiner Weise produktiv ist.
Hannah Römer, Kirchheim