Irgendwie scheint uns dieser von den Putinisten ausgelöste, völkerrechtswidrige Krieg sprachlos zu machen. Zumindest finde ich keine Antworten auf meine Fragen.
Warum berührt uns dieser Krieg mehr als die rund 30 anderen Kriege in der Welt? Wie werden wir in Deutschland mit der enormen Militarisierung in den nächsten Jahren umgehen? – Sondervermögen und Aufstockung des Bundeswehrhaushaltes, „Die Bundeswehr braucht ein Feindbild“ (Strack-Zimmermann), vermehrt Jugendoffiziere an Schulen). Führt die Ukraine nicht auch mit unseren Waffen einen Stellvertreterkrieg für unsere Sicherheit und halten für uns die Köpfe hin? Warum gehen die Waffenbefürworter (etwa Hofreiter, Merz, Lindner) nicht selbst an die Front, zum Beispiel als Kombattanten? Wie kam es, dass aus „Wandel durch Annäherung“ „Wandel durch Handel“ wurde? Wie kann es Frieden geben?
Heute heißt das Härte, Überlegenheit, „Deutschland ist Führungsmacht“ (Klingbeil). Wer militärisch denkt, denkt technisch, strategisch, denkt in Waffenschlagkraft und Kriegsstrategien. Wer an die zigtausenden Toten auf allen Seiten denkt, müsste an einem Frieden ohne Waffen mitarbeiten. Wie können wir unsere Kinder davon überzeugen, dass man Konflikte ohne Gewalt lösen soll, wenn wir selbst nicht daran glauben, dass es ohne geht? Für Kinder sind Konflikte meist existentielle Konflikte.
Was hat die Friedensbewegung in den letzten Jahrzehnten versäumt? Immerhin wird ein Rüstungsexportkontrollgesetz im Bundestag behandelt und ein Atomwaffenverbotsvertrag wurde weltweit gültig. (Deutschland hat ihn noch nicht ratifiziert.) Aber ich denke, wir waren nicht laut genug, waren nicht genug auf der Straße, haben den Kontakt zur Bevölkerung ein Stück weit verloren. Ein guter Anfang wäre, gemeinsam sprachfähig zu werden.
Martin Lempp, Bissingen