Wenn man nach der US-Wahlnacht mit einem Déjà-vu morgens in den Tag gestartet ist, weil, wie 2016 bereits geschehen, entgegen den eigenen Erwartungen die medial gehypte weibliche Kandidatin gegen Donald Trump verloren hat, könnte man bei den Gründen dafür bei seinen Medien fündig werden. 2016 wurde dem Publikum erzählt, dass Trump von Russland gesteuert wäre und keine Chance hätte. 2024 ist/war Trump nun ein gefährlicher, vorbestrafter Frauenhasser, für den es dieses Mal ganz knapp wird.
Da sich die US-Amerikaner nun doch klar für Trump entschieden haben, entsteht für den, der die bisherige Erzählung geglaubt hat, eine massive kognitive Dissonanz, das heißt, die Realität passt nicht zu den eigenen Informationen. Dies kann nur durch Verdrängung oder passende Erklärungen geheilt werden, wobei hier wiederum das nächste Level der Verwirrung erzeugt werden kann, wenn diese Erklärungen ebenso unstimmig sind. Auch könnte hinterfragt werden, warum Informationen welchen Einfluss auf die eigene Stimmung haben.
Aus meiner Sicht sind die derzeitigen Dauerkrisen zunächst einmal in der eigenen Wahrnehmung zu suchen. Die wichtigste Frage sollte sein, wer oder was bestimmt diese Wahrnehmung und welchen Einfluss hat diese so erschaffene Realität auf das tatsächliche Leben? Sind wir durch den Dauerkonsum, egal welcher Medien, von unserem Selbst abgekoppelt, oder spüren wir noch instinktiv, wenn etwas nicht stimmig ist? Dieses Gespür ist die eigentliche Medienkompetenz, deren Fehlen so oft von allen Seiten bemängelt wird.
Eines sollte jedoch klar sein: Wenn die Bevölkerung das linke Parteienspektrum nur zu circa 30 Prozent präferiert, dann können Redaktionen, in denen dieselben Parteien mit über 60 Prozent favorisiert werden, niemals zuverlässige Lieferanten der Realität sein.
Stefan Kromer, Kirchheim