Leserbriefe
Kernenergie als Ausweg?

Leserbrief zum Leitartikel „Irrationaler Akt" vom 15. April

Eine Umfrage sagt, dass 60 Prozent der Deutschen finden den Atomausstieg derzeit falsch finden. In der Sorge um Energiesicherheit, ausgelöst durch den Klimawandel und den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, scheint einer Mehrzahl der Bevölkerung die Nutzung der Kernenergie als Ausweg. Bei all dem Gerede von „fast CO2-freien Reaktoren” wird aber einiges übersehen: Schon jetzt lagern fast 1100 Castoren voll radioaktiven Abfalls an 16 Standorten im Land, deren endgültige Einlagerung und sichere Unterbringung über eine Million Jahre sichergestellt werden müsste. Menschen gibt es seit 300 000 Jahren.

Allein die Tatsache, dass Deutschland noch kein Endlager für den bisher angefallenen Atommüll hat, sollte uns daran hindern, weiteren Atommüll zu produzieren. Dazu kommt, der Abbau von neuem Uran wird immer schwieriger. Nachdem der einfachere Tagebau schon Wüsten hinterlassen hat, kommen jetzt chemische Lösungen zum Einsatz. Die Zerstörung der Umwelt um die großen Uranminen durch radioaktiven und mit Giften belasteten Schlamm aus den Absetzbecken der Yellowcake Produktion wird übergangen.

Das alles kommt zu dem Risiko eines GAUs, das ja der Auslöser zum Beschluss des Atomausstiegs war. Igor Steinles Leitartikel ignoriert nicht nur all das, womit künftige Generationen genauso konfrontiert sein werden, wie mit dem Klimawandel. Nein, er stellt die Umfrage, deren Ergebnis den Artikel einleitet falsch dar: Steinle schließt mit dem Vorwurf der Wissenschaftsfeindlichkeit an die Grünen, spricht von „an ihrem Lebensziel angelangten Anti-Atom-Boomern” und behauptet, jüngere Deutsche stünden der Kernkraft offener gegenüber.

Die ARD-Umfrage sagt: Menschen über 50 Jahre (Boomer) finden den Atomausstieg zu über 60 Prozent falsch. Menschen unter 35 Jahre finden ihn zu 50 Prozent richtig.

Klaas König, Bissingen