Leserbrief
Mehraufwand durch Bezahl­karte

Zum Artikel „Ein halbes Jahr neue Bezahlkarte“ vom 23. Mai

Der Teckbote berichtet über die Bezahlkarte für Asylbewerber, dass „die Einführung läuft“ und dass Ministerin Gentges mit dem Stand der Umsetzung zufrieden sei. Dann hat die Ministerin allerdings eine sehr begrenzte Perspektive, die wichtige Realitäten aus dem Blick lässt. Betroffene selbst, in diesem Bereich tätige Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie Mitarbeitende von Ausländerbehörden dürften das anders sehen.

Wer sich selbst einen Eindruck von der Bezahlkarte machen möchte, sollte auf www.socialcard.de gehen und sich zu den „FAQs“ durchklicken. Schaut man sich diese Details an, wird verständlich, warum viele Flüchtlinge mit der Karte nicht zurechtkommen. Dauerzahlungen, die bisher per Lastschriftverfahren von ihrem Konto erfolgen konnten, müssen nun in vielen Fällen extra eingerichtet und von der Ausländerbehörde genehmigt (!) werden. Egal, ob das Genehmigungsverfahren digital oder papierhaft geschieht – die Bezahlkarte produziert in jedem Fall beträchtlichen Mehraufwand für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Behörden.

Der Teckbote berichtet weiter, die Bezahlkarte solle verhindern, dass die Flüchtlinge von ihrem Geld Schleuser bezahlen. Nun bekommt ein Asylbewerber in den meisten Fällen monatlich einen eher niedrigen dreistelligen Euro-Betrag zur Verfügung gestellt, von dem er zwar keine Miete, aber seinen sonstigen Lebensunterhalt bestreiten muss. Wie soll von diesem Betrag noch ein Schleuser bezahlt werden? Schleuser werden bezahlt, indem im Heimatland Grundstücke verkauft oder ein Darlehen im erweiterten Familienkreis aufgenommen wird, um dem Asylbewerber die Flucht zu ermöglichen. Daran wird die Einführung einer Bezahlkarte in Deutschland nichts ändern.

Jörn Ziegler, Kirchheim