Leserbrief
Nato und Geopolitik

Zum Leserbrief „Die Nato ist nicht schuld“ vom 2. November

Die Schwarzweißmalerei dieses Leserbriefs – Nato gut, Russland böse – ist naiv, gefährlich und historisch falsch. Die Nato war schon von Beginn an ein Instrument zur Durchsetzung geopolitischer Interessen der USA. Das zeigte sich schon in der Frühzeit, als damalige Diktaturen wie Portugal, Griechenland und die Türkei bedenkenlos aufgenommen wurden.

Zur Entwicklung der Nato nach 1990 schrieb der Bundeswehr-Oberst a. D. Wolfgang Richter, der jahrelang Vertreter Deutschlands bei der OSZE war: Entgegen offizieller Ankündigungen – „keine Nato-Osterweiterung“ – wurden osteuropäische Länder sehr schnell Mitglieder. Warnungen der russischen Präsidenten Jelzin und Putin vor dieser Entwicklung wurden in den Wind geschlagen und schließlich sogar die baltischen Länder aufgenommen, die den Rüstungskontrollvertrag gar nicht unterschrieben hatten. Damit sind diese Länder potenzielle Stationierungsräume ohne Rüstungskontrolle!

Die völkerrechtswidrigen Kriege der Nato und der USA führten zu weiterem Vertrauensverlust. Die USA kündigten den ABM-Vertrag (Trump) und hatten schon vorher (George W. Bush) verhindert, dass die bahnbrechenden Verträge, die eine echte Sicherheitspartnerschaft in Europa hätten einleiten können, überhaupt in Kraft traten, weil sie sich vom Nato-Beitritt der Ukraine und Georgiens geopolitische Vorteile versprachen. Richter, gewiss kein Agent Moskaus, sagt dazu: „Das Recht auf freie Bündniswahl begründet kein Recht auf einen Nato-Beitritt.“ Die aggressive Geopolitik beider Großmächte ist die größte Gefahr für die Zukunft.

Martin Brost, Oberboihingen