Leserbriefe

Deutsche Sammler, deutsche Jäger

Zum Artikel „Speiseöl ist das neue Toilettenpapier“ vom 15. März

Was haben wir nicht schon alles gesammelt und sammeln wir noch. Heilkräuter und Jagdtrophäen. Despoten und Tyrannen. Land und Leute. Puppen und -stuben. VW und Mercedes. Und alles, was auf der Straße liegt, Müll, Geld, Unrat. 

Vor zwei Jahren wendeten wir uns dem Tool zur Entfernung übelriechender Rückstände zu: dem Klopapier! Aus dem Sammeln wurde ein Jagen. Die Bestände reduzierten sich. In freier Wildbahn wurde das seltene Stück nur noch sporadisch gesichtet. Nun war Einfallsreichtum gefragt. Nächtelange Pirschgänge. Raschentschlossenes Handeln, wenn ein kapitaler 18 Tonner in Sichtweite kam. Dann ein Quäntchen Glück und ausgeprägte Ellenbogen, und die Schwerlastvitrine im Keller war gefüllt. Welch eine Befriedigung! Jedoch folgte die Enttäuschung. Bestand und Artenvielfalt erholten sich. Die Sammlerobjekte verloren an Wert. C’est la vie . . . 

Doch nun rückt ein neues Objekt in den Focus der Sammler und Jäger. Das Speiseöl. Über die plötzliche Begehrlichkeit an dieser schmierigen, schleimigen Flüssigkeit lässt sich nur spekulieren. Bedürfen die durch ausgetrocknetes Papier wundgeriebenen Hinterteile der Sammler einer Ölung? Oder bedarf es in gewissen Situationen einer gewissen Schlüpfrigkeit? Es gab da wohl manchen Gladiator, der sein Leben ausschließlich dem Öl zu verdanken hatte. Es gibt der Anwendungen viele, doch es gab sie schon immer. Also warum gerade jetzt diese Sehnsucht? Entzugserscheinungen? Ersatzhandlung? Oder einfach die Liebe zum Speiseöl? Ich denke, wenn das in letzter Zeit gesammelte und bejagte Öl dazu verwendet wird, Synapsen zu schmieren, Verbindungen wieder durchgängig zu machen und Verschmutzungen zu entfernen, dann wäre dies eine äußerst sinnvolle Anwendung. Aber man hat auch schon Pferde kotzen sehen . . .

Jürgen Wannenwetsch, Kirchheim