Leserbriefe

Kein Recht auf Gehorsam

Zum Leserbrief „Im natürlichen Kreislauf der Natur“ vom 11. August

Gerade als man das erste Mal seit Jahren das Gefühl hatte, dass man ein extrem umstrittenes Thema durch den Austausch von verschiedenen Meinungen etwas entschärfen könnte, möchte Herr Nowatzki den sachlichen Diskurs beenden. Naiverweise dachte ich immer, dass die Demokratie Platz für Meinungsfreiheit und Wissenschaft böte. Herr Nowatzki stellt dies in seinem Leserbrief in Frage, indem er den Teckbote darum bittet, Kommentare von wissenschaftlichen Laien zu komplexen wissenschaftlichen Sachverhalten nicht mehr zu veröffentlichen. Denklogisch soll sich der Bürger also den Erkenntnissen der Wissenschaft (welcher genau?) unterwerfen und diese nicht in Frage stellen.

Folglich kann es für den Bürger nur eines von beidem geben: Entweder das Recht auf die eigene, freie Meinung oder den Glauben an die Wissenschaft. Exemplarisch hat Herr Nowatzki mit seiner Argumentation aufgezeigt, woran ein großer Teil unserer Gesellschaft krankt beziehungsweise was für den derzeitigen Niedergang verantwortlich ist. Man hat die Verantwortung für das eigene Tun ausgelagert. Bürger in Demokratien sollten ihr Schicksal aber nicht exklusiv in fremde Hände geben – gerade wegen der Pflicht zur Kontrolle der Regierenden. Ohne funktionierende Kontrolle würde sich der Totalitarismus durchsetzen. Es ist unsere oberste Bürgerpflicht, zumindest wenigstens geistig, uns selbst zu ermächtigen. Hannah Arendt hat es trefflich auf den Punkt gebracht: Es gibt kein Recht auf Gehorsam.

Stefan Kromer, Kirchheim