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Özdemir auf Stippvisite in Kirchheim

Arbeitsbesuch Der Bundeslandwirtschaftsminister informiert sich in der Deula über die Ausbildung, aber auch über die Ausrüstung mit Maschinen und über den Sanierungsbedarf in Gästehaus und Küche. Von Andreas Volz

Zum Rundgang auf dem Gelände der Kirchheimer Deula mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zählte auch ein Besuch beim Bäumefällen.       Foto: Carsten Riedl

Cem Özdemir auf Besuch in Kirchheim. Bei seiner Stippvisite geht es ganz entspannt zu. Der Minister ist gekommen, um sich über die Aufgaben der Deula zu informieren, aber auch um zu erfahren, wo der Schuh drückt. Was ihm
 

Digitalisierung ist hier kein Fremdwort, sondern gehört zum Alltag.
Cem Özdemir
über den Stand der Technik für die Azubis in der Kirchheimer Deula

sicher gut tut – angesichts der vielen Proteste gegen die Bundesregierung –, ist ein ungezwungener Umgang: Die Absolventen eines zweitägigen Kurses zum Erwerb des Stapler-Führerscheins wollen fast alle ein Selfie mit dem Minister machen.

Bei der Deula ist allerhand los. Außer dem Stapler-Kurs sind angehende Landschaftsgärtner mit Vermessungen beschäftigt. Entgegen dem sonstigen Digitalisierungstrend wird im Kurs noch analog gemessen – aus pädagogischen Gründen: „Wer das von Grund auf lernt, hat hinterher auch wirklich verstanden, worum es da geht“, erklärt Marco Riley, der Geschäftsführer der Kirchheimer Deula.

Alles im Blick: Cem Özdemir macht sich beim Vermessungskurs selbst ein Bild davon, wie hoch die Messlatten in Kirchheim hängen.       Foto: Carsten Riedl

Gleiches gilt für die Kollegen vom Garten- und Landschaftsbau, die sich mit dem Bäumefällen befassen. Einer der Kursteilnehmer hat gerade einen Stamm fachmännisch gefällt. Ein wenig zu weit rechts ist die Landung erfolgt. Bei dem niederen Stamm ist das kein Problem. Alles andere war richtig gut gemacht, alle Sicherheitsvorschriften wurden eingehalten: Bestanden!

Auf einem überdachten Acker sind derweil schwere Maschinen im Einsatz. Angehende Landwirte üben den Umgang mit den Traktoren und den verschiedensten Anbaugeräten. Die Geräte sind auf dem neuesten Stand der Technik, erläutert Marco Riley: „Die Hersteller stellen sie uns für einen bestimmten Zeitraum kostenlos zur Verfügung.“ Lediglich bei den Staplern fehlt es derzeit an einer vergleichbaren Vereinbarung. „Da haben wir leider ältere Modelle“, räumt der Geschäftsführer ein, fügt aber hinzu: „Wer diese Stapler beherrscht, der beherrscht später auch alle anderen.“

In die Jahre gekommen sind nicht nur die Stapler. Auch das Gästehaus der Deula ist nicht mehr auf dem neuesten Stand. Es wäre eigentlich sanierungsbedürftig – ähnlich wie die Küche, deren Ausstattung in vielen Bereichen modernisiert werden müsste. Das Problem ist die Finanzierung. Ein solcher Hinweis darf beim Besuch eines Mitglieds des Bundeskabinetts natürlich nicht fehlen.
 

Die Deula als „Dornröschen“

Trotzdem leitet Marco Riley aus dem Blick in die Geschichte eine zuversichtliche Haltung für die Zukunft ab: „Als das hier 1966 errichtet wurde, waren wir in Kirchheim das Nonplusultra in der Landwirtschaft. So etwas wünschen wir uns jetzt wieder, um die Deula aus dem Dornröschenschlaf wachküssen zu können.“

Der Dornröschenschlaf gilt indessen nur für die Gebäude, nicht für die Ausbildungsangebote: Getreu dem Deula-Motto „Lernen und erleben“ steht in Kirchheim die Praxis im Vordergrund. Ziel ist es, dass Azubis oder Teilnehmer von Fortbildungskursen zu 80 Prozent in der Praxis ausgebildet werden und zu 20 Prozent in der Theorie. „So lernt man am besten“, sagt Marco Riley. „Je mehr ich ein Gerät fahre oder nutze, desto besser lerne ich das.“

Auch die digitale Zukunft hat längst Einzug gehalten bei den Landmaschinen wie auch bei den Baumaschinen. Via Bildschirm im Führerhaus lässt sich beispielsweise ein Aushub zentimetergenau vornehmen. Was den Antrieb betrifft, sind auch bei den Baumaschinen die Elektro-Modelle im Kommen. Ein Problem sind derzeit aber noch die Kosten. Kaum ein Landschaftsgartenbaubetrieb kann sich ein E-Fahrzeug leisten, solange der Preis um 60 Prozent über dem einer Maschine mit Verbrennermotor liegt.

Der Preis muss also noch sinken, während die Akkulaufzeit weiter steigen sollte. Wenigstens geht das Laden immer schneller: von null auf 75 Prozent, das lässt sich mittlerweile in 60 Minuten erreichen. Das elektrische Radladermodell in der Kirchheimer Deula wird also die Zukunft sein: Es ist geräuscharm, und auch seine Emissionswerte sind unschlagbar.

 

Die Deula in Kirchheim

Voll des Lobes für die Deula zeigte sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir nach dem Rundgang in Kirchheim: „Es ist beeindruckend, was hier in der Ausbildung geleistet wird. Das ist state of the art, und zudem sehr praxisnah. Digitalisierung ist hier kein Fremdwort, sondern gehört zum Alltag.“ Um auch die nächste Generation auf ihre zukünftigen Berufsaufgaben vorbereiten zu können in der Kirchheimer Deula, seien Bund, Land und die Wirtschaft gefragt, ihren jeweiligen Beitrag dafür zu leisten.

Im Bundesverband Deula (Deutsche Lehranstalt für Agrartechnik) sind zwölf selbständige Einrichtungen zusammengeschlossen.

In Kirchheim befindet sich seit 1966 der zentrale Standort für Baden-Württemberg. Das Gästehaus verfügt über 134 Betten. Die Küche bereitet 100 bis 120 Essen am Tag zu. Hauptgesellschafter der Deula ist der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg. Die restlichen 15 Prozent hält die Stadt Kirchheim. vol