Es sind Dimensionen, die rund dreieinhalb Fußballfeldern entsprechen: 25 000 Quadratmeter misst das Gelände der Kirchheimer Firma Holz Goll und einiger Nachbarsgrundstücke. Wenn die Ideen der Visionäre wahr werden, wird in den kommenden Jahren auf dieser Fläche direkt neben den Klosterwiesen etwas neues entstehen, eine Art Dorf mitten in der Stadt. „Wir wollen die dörfliche Gemeinschaft wiederbeleben, in der man sich hilft und vertraut“, sagt Dirk Oettel, Geschäftsführer der Firma Holzbau Merkle in Bissingen und mit dem kürzlich verstorbenen Matthias Goll, der Ideengeber des Projekts. Mit dem überraschenden Tod seines Mitstreiters ist das „Wohn- und Lebensprojekt“ auf dem Areal auch zu einem Vermächtnis geworden, das Dirk Oettel nun mit Hilfe mehrerer Beteiligter fortführen will.
Zunächst soll ein neuer Standort für das1880 gegründete Sägewerk, das heute eine Holzhandlung ist, gefunden werden. Denn: Die Firma soll weiterbestehen.
Und dann soll das Areal zwischen Lindach, Freibad und Klosterweisen bebaut werden. „Matthias hätte das Grundstück hundert Mal an Investoren verkaufen können, aber das ist nicht die Vision, die er hinterlassen möchte“, sagt Dirk Oettel. Die Bebauung soll eben kein klassisches Investorenprojekt sein. Stattdessen wollen die Macherinnen und Macher mit dem Know-How und den finanziellen Möglichkeiten ganz unterschiedlicher Menschen etwas schaffen, was sozial und verbindend ist: „Annahme, Begegnung, Versorgung“ sind Schlagworte, die in dem Projektpapier über die Grundzüge des Projekts mit Zeichnungen und Modellen enthalten sind, das auch der Stadt vorliegt, ansonsten aber noch recht rudimentär, ja fast spielerisch gehalten ist.
Lindach mit einbeziehen
Der Plan: Es sollen in bester Innenstadtlage bezahlbare Wohnungen unterschiedlicher Größe entstehen - für Familien, Paare, Alleinerziehende oder Singles - und vielseitige Nutzungsmöglichkeiten des Zusammenlebens bieten, vom Café bis zum Kleinbetrieb, vom Kindergarten zur Seniorenresidenz. Der Dorfplatz könnte einen Dorfladen bekommen, Gemeinschaftsgebäude, Co-Working Bereiche und verschiedene Räume für Vereine. „Wir möchten auch Raum bieten für Obdachlose oder anerkannte Flüchtlinge, oder Menschen, die ein Suchtproblem haben“, sagt der Unternehmer und bekennende Christ. Auch ein Gebetszentrum wäre denkbar, allerdings will er die Kirche dabei buchstäblich im Dorf lassen: Ein Gotteshaus plane man nicht, wie auch das Wohnen nicht an eine Konfessionszugehörigkeit gebunden ist. Was den Macherinnen und Machern wichtig ist: „Der Mensch und seine Beziehungen sollen im Mittelpunkt stehen.“ Es soll Platz geben für Alt und Jung und Menschen mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund.
Wichtig wäre den bisherigen Planern auch, das Ufer der Lindach mit einzubeziehen, und einen Teil des Flusses durch die neue Dorfmitte zu leiten. Dass der Gedanke an ein neues, lebendiges Viertel mit neuen Wohnformen und einer sozial und kulturell durchmischten Anwohnerschaft nicht nur für Hurra-Schreie in der Nachbarschaft sorgen wird, wissen die Projektbetreiber.
Man hat daher den Gestaltungsbeirat der Stadt Kirchheim ins Boot geholt, der bereits einen Prozess mit mehreren Architekturbüros angestoßen hat. Mit ihnen wird Dirk Oettel am morgigen Donnerstag Anwohnern und Interessierten nicht nur das Projekt vorstellen . Sie werden auch das Wort haben, können ihre Ideen und Wünsche, aber auch Sorgen äußern. Bürgermeister Günter Riemer wird neben Architekten und Projektmanagerin und Beraterin Simone Blankenhorn „wie ein Trichter“ die Anregungen aufnehmen.
Die Familie Goll wendet sich in einem Schreiben direkt an die Nachbarn: „Momentan sind wird dabei, Strukturen und Anforderungen der Firma Goll neu -auszurichten“, steht dort. Noch kurz vor seinem Tod habe Matthias Goll ausdrücklich darum gebeten, das Projekt in seinem Sinne weiter zu entwickeln – und in den kommenden Jahren auch zu verwirklichen.
Morgen ist Infoveranstaltung
Am morgigen Donnerstag wird das Projekt von 17 bis 19 Uhr auf dem Firmengelände von Holz Goll, Lindachallee 63, in Kirchheim vorgestellt. Bürgermeister Günter Riemer wird ebenso wie das Projektteam vor Ort sein. Ein großer Sonnenschutz und Getränke sind vorhanden. Wer nicht kommen kann, oder Weiteres erfahren möchte kann sich an Simone Blankenhorn wenden, per Email an projekt@holz-goll.dezap