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Brasserie-Wirtin: Eine Verletzung beendet ihren Traum

Gastronomie Schweren Herzens muss Conny Sieme ihre Brasserie am Markt in Weilheim abgeben. Schuld ist ein Sturz kurz nach der Eröffnung. Am 30. September wird dort zum letzten Mal gefeiert. Von Thomas Zapp

Die Atmosphäre im 1749 erbauten Weiss’schen Haus ist ganz besonders: Kleine Treppen führen vom Café in gemütliche Nischen, zur Vinothek oder ins Séparée, in die Lounge-Bar oder in das rote Zimmer, in nahezu jeder Ecke stecken liebevoll gestaltete Details. Wahrscheinlich entdeckt man beim ersten Besuch gar nicht alles. Aber die Gäste kommen ohnehin gerne mehrmals in die Brasserie, die in den Räumen des altehrwürdigen Hauses am Weilheimer Marktplatz ihr Zuhause gefunden hat. Genau so etwas hatten die leidenschaftliche Gastronomin Conny Sieme und ihr Mann Marco gesucht. „Die Brasserie war mein Traum“, sagt sie. 

Eine Woche nach Eröffnung

„War“, dieses Wort klingt hart für sie und ihre vielen Stammgäste, die sie sich in gerade einmal einem Jahr geschaffen hat. Was ist passiert? Die gemütlichen Verwinkelungen der Brasserie, die in der Summe 120 Sitzplätze und die doch recht langen Wege für den Service – all diese Umstände sind ihr auf gewisse Weise zum Verhängnis geworden.

Gerade mal eine Woche war nach der Eröffnung vergangen, als es am 1. April 2021 geschah: Conny Sieme rutschte auf einer Treppe ab und zog sich eine Tibiakopffraktur zu, einen Knochenbruch am oberen Ende des Schienbeins. „Das war leider kein Aprilscherz: Zwölf Tage war ich im Krankenhaus“, erzählt sie. Und danach hat die Powerfrau wieder angefangen: unter Schmerzen, zu früh und zu viel, wie sie heute weiß. 

Dabei kam ihr der Corona-Lockdown im April noch zugute. Damals gab es in der Brasserie nur Mittagstisch to go. Als es dann Ende Mai wieder losging, versuchte sie, nur abends zu arbeiten. Die beiden erwachsenen Kinder halfen tatkräftig mit, denn der Laden brummte. Aber die Arbeit strengte sie immer mehr an und Conny Sieme musste sich häufiger Auszeiten nehmen. 

„Im Sommer mache ich hier 40 000 Schritte am Tag. Dann lernt man erst mal den Laden kennen und merkt, wie groß der ist“, sagt sie. Gleichzeitig spielte die Gesundheit eine immer größere Rolle. In ihr reifte eine Erkenntnis: Halbe Kraft geht nicht, zumal jemand wie sie nicht einfach nur zuschauen kann. Wenn sie sieht, wo und was alles im Lokal zu tun ist, kann sie nicht im Büro sitzen bleiben. Die 54-Jährige musste sich eingestehen: Sie schafft das nicht mehr.

„Es tut im Herzen weh“

Es war ein hartes Ringen mit sich selbst, die Gastronomie im Herzen von Weilheim war für sie und ihre Familie ein Sechser im Lotto, aber nun, ein Jahr und drei Monate nach der Eröffnung, ist die Entscheidung gefallen: Sie wird am 30. September die „Brasserie“ verlassen. „Es tut im Herzen weh, aber die Gesundheit geht vor“, sagt Conny Sieme, die seit 1992 in der Gastronomie unterwegs ist.

Noch ist weder Nachfolger noch Nachfolgerin gefunden. Am liebsten wäre ihr, dass er oder sie das „tolle Personal“ und am besten auch das Konzept übernimmt: eine abwechslungsreiche Karte mit Gerichten sowohl aus der schwäbischen als auch der französischen Küche mit internationalen Tropfen aus dem gut sortierten Weinkeller.

Die in letzter Zeit gestartete kulinarische Weltreise durch die mexikanische, spanische, griechische und indische Küche endet am 30. September mit kubanischen Spezialitäten. Der letzte Freitag im September ist definitiv auch Conny Siemes letzter Tag in der Brasserie. Danach steht die Gesundheit an erster Stelle. „Wenn ich wieder richtig genesen bin, werde ich zurück in meinen vorherigen Beruf gehen und auf Kreuzfahrtschiffen als Reiseleiterin arbeiten“, sagt sie – und auf ihrer maritimen Weltreise auch an den entlegensten Traumzielen an das Weiss’sche Haus in Weilheim denken. 

Info Wer Interesse an einer Übernahme hat, meldet sich am besten bei Conny Sieme unter: 01 76/56 81 81 40 oder info@brasserie-weilheim.de