Kirchheim. Ab dem Schuljahr 2025/2026 sollen die Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten Klassen der beiden allgemeinbildenden Kirchheimer Gymnasien wieder in neun statt in acht Jahren zum Abitur geführt werden. Das ist ein Bestandteil des Maßnahmenpakets, das die Landesregierung in dieser Woche bekanntgeben hat. Wirklich überraschend kommt das nicht, hatte doch die Landesregierung nach dem Erfolg der Elterninitiative „G9 jetzt“ erklärt, das neunjährige Gymnasium wieder flächendeckend einführen zu wollen. Auch in Kirchheim und Umgebung hatten viele Eltern die Wiedereinführung unterstützt.
Wie die Reform an den Gymnasien im Details aussehen soll, kann Lucia Heffner aktuell noch nicht beantworten. „Die Schulen wissen noch nichts“, sagt die Rektorin des Schlossgymnasiums, die es grundsätzlich begrüßt, dass ihre Schülerinnen und Schüler künftig wieder ein Jahr mehr bekommen auf dem Weg zum Abitur. „Der Sprung von 18 auf 19 Jahre ist entwicklungspsychologisch ein gewaltiger, was beispielsweise das abstrakte Denken angeht“, sagt Heffner und ergänzt: „Manche Dinge verstehe ich besser, wenn ich reifer bin.“ Zurück zum „alten G9“ will Heffner aber keineswegs. „Wir wünschen uns nicht eine Stunde mehr Mathe in Klasse 5, sondern Zeit, um den Kindern etwas fürs Leben mitzugeben“, sagt Heffner.
Laut der Landesregierung sollen G8-Züge an Gymnasien möglich sein, aber nur, wenn es die vor Ort zur Verfügung stehenden Ressourcen hergeben. „G8-Züge ohne zusätzliche Ressourcen? Das finde ich schwierig“, sagt Heffner.
Auch Martin Roll hat von der Wiedereinführung von G9 aus den Medien erfahren. „Davon sind wir ausgegangen“, sagt der LUG-Schulleiter lakonisch. Entsprechend kann auch Roll momentan nur das interpretieren, was in der Zeitung steht. „Die zukünftigen Fünftklässler sind G9-Kandidaten, fangen jetzt aber erstmal mit G8 an, weil es noch kein Konzept gibt“, sagt er. Ob Fünftklässler künftig eine Wahlmöglichkeit haben, kann er noch nicht sagen.
Wie Heffner hat auch Roll den dringenden Wunsch, dass die Mehrstunden, die die Gymnasien erhalten sollen, „nicht einfach irgendwelchen Fächern zugeordnet“ werden. „Wir würden uns wünschen, dass man Lernen und Bildung neu denkt“, sagt Roll. Sprich: Zeit für Deeper-Learning-Prozesse und das Unterrichten von Future Skills, auf deutsch: Zukunftskompetenzen. „Wir wollen, dass Schüler bei uns Eigenschaften erlernen wie kritisches Denken, Problemlösung, Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit, Selbstmanagement und Resilienz“, sagt der Schulleiter.
Dass seine Schülerinnen und Schüler künftig ein Jahr mehr Zeit bekommen auf dem Weg zur Reifeprüfung, findet auch Roll grundsätzlich positiv. Jetzt komme es auf die Ausgestaltung an. „Ich habe die große Hoffnung, dass wir Schulleiter und Lehrer auch gefragt werden. Das dass alles nicht nur an politischen Tischen erdacht wird“, sagt der Schulleiter. Beispielsweise könne man ja mal die Gymnasien befragen, die schon in den vergangenen Jahren G9-Züge hatten.
Wichtig findet Roll, „dass man zu G9 auch die Grundschulempfehlung modernisiert“ – ein weiterer Bestandteil der geplanten Bildungsreform der Landesregierung. Aktuell gebe es zwischen Grundschule und Gymnasium eine Übergangsquote von 40 bis 45 Prozent. „Wir befürchten, dass die Quote auf 60 Prozent steigen würde“, sagt Martin Roll. Antje Dörr