Stefanie von Haussen ist in Ohmden bestens bekannt. Die Kinder grüßen auf der Straße, manche Erwachsene winken durchs Fenster des Klassenzimmers. „Die Wertschätzung, die man in der Schule von den Kindern bekommt, von den meisten, die ist unglaublich“, sagt die Lehrerin. Das ist ein Grund dafür, dass sie auch als Pensionärin immer wieder Vertretungen macht.
Die Atmosphäre an der Ohmdener Grundschule ist der andere wichtige Grund: „Ich schätze das Kollegium total“, sagt von Haussen, für die keine andere Schule infrage käme. Sie fühlt sich den Kolleginnen ebenso verbunden wie der Schulleitung und der besonderen Lernform in dieser Schule: Hier werden immer zwei Jahrgänge zusammen unterrichtet, wobei die Kinder ihren individuellen „Lernweg“ im eigenen Tempo zurücklegen. Die Lehrerin hatte anfangs große Zweifel an der unkonventionellen Methode, die Schulleiterin Gabriele Seitz einführte. Heute ist sie ein großer Fan davon, im vergangenen Jahr stimmte sie sogar zu, wieder einige Monate in größerem Umfang mit Vertrag zu arbeiten – was dazu führte, dass sie ihren 70. Geburtstag im Schuldienst verbrachte. „Die Kolleginnen haben mir eine Geburtstagsfeier gemacht, das war der Hammer“, sagt Stefanie von Haussen.
Renate Besemer, wurde, als sie vor zwölf Jahren in Pension gegangen ist, direkt von ihrer Chefin gefragt, ob sie nicht ab und zu in ihrer Grundschule in Holzmaden einspringen würde. Auch sie sagte „Ja“ – weil damals schon die Lehrkräfte knapp waren, weil es ihr „immer gefallen hat in der Schule“ und natürlich wegen der Kinder. Die 75-Jährige, die auch als Chorleiterin tätig war, kennt den halben Ort. Beim Einkaufen trifft sie oft Schülerinnen und Schüler, mal aktuelle, mal ehemalige, die möglicherweise die Eltern der aktuellen sind. Oder sogar die Großeltern – einmal ist ihr das schon passiert. Sie hat ihre ganze Berufslaufbahn, mehr als 40 Jahre, in dieser Gemeinde verbracht.
Manche Sau durchs Dorf getrieben
In den Jahrzehnten, die die Frauen im Schuldienst waren, wurde manche Sau durchs Dorf getrieben. Die lateinische Ausgangsschrift wurde durch die vereinfachte Variante ersetzt und teilweise wieder zurück, die Mengenlehre hielt mit Paukenschlag Einzug und verschwand wieder in der Schublade. Wo früher mit den Probearbeiten in Klasse 4 eine richtige Prüfung über die Schullaufbahn entschied, ist heute die Grundschulempfehlung unverbindlich.
Für die Schulen sind die Vertretungskräfte Gold wert. Sie hätten viel Erfahrung und seien „sehr schnell mal für ein paar Stunden abrufbar“, sagt Schulamtsleiterin Corina Schimitzek.
So erlebt es auch Gabriele Seitz, die Leiterin der Grundschule Ohmden. Seitz, die auch Vertreterin ihrer Kollegen und Kolleginnen in der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) Esslingen-Nürtingen ist, findet allerdings das Kontingent von 70 Stunden fürs ganze Jahr, das den Grundschulen zustehe, bei Weitem nicht ausreichend: Unterm Strich mache das gerade mal zwei Wochenstunden aus. Allerdings könne das Schulamt hier jonglieren und Stunden, die in einer Schule nicht gebraucht würden, an anderer Stelle einsetzen, sagt Schimitzek: „Wir werden nach Ostern an den Schulen noch mal nachfragen, wie aktuell der Stand ist.“ Das werde weiterhin so gehandhabt, auch wenn das Kultusministerium kürzlich mit einem Schreiben auf das 70-Stunden-Limit hingewiesen hat. Das sei einfach nur eine Erinnerung an eine bestehende Verwaltungsvorschrift. Fest stehe allerdings: „Die Unterrichtsversorgung ist an keiner Schulart gut.“ Das habe unter anderem damit zu tun, „dass wir in den vergangenen Jahren eine wahnsinnig hohe Einstellungszahl von jungen Kolleginnen und Kollegen hatten“, so Schimitzek. Was ja eigentlich erfreulich ist. Aber: „Da geht es jetzt logischerweise auch an die Familienplanung.“
„Handschlaglehrkräfte“ springen im Notfall ein
Sogenannte Handschlaglehrkräfte sind Lehrerinnen und Lehrer, die ohne Vertrag mit dem Regierungspräsidium in kleinem Umfang arbeiten. Sie sprechen sich direkt mit den Schulleitungen ab, springen im Notfall ein oder übernehmen befristet bestimmte Aufgaben. „Da sind ganz viele Pensionäre dabei, die Angebote mit zwei oder drei Stunden die Woche machen“, sagt Corina Schimitzek. Dabei gehe es nicht nur um Unterricht im engeren Sinn, sondern beispielsweise auch um Sonderprogramme wie „Lernen mit Rückenwind“.
Die Zahl der „Handschlaglehrkräfte“ im Landkreis Esslingen kann die Schulamtsleiterin Corina Schimitzek nicht nennen, sie sei aber „sicher eine hohe“. Im Unterschied zu ihnen gibt es auch angestellte Krankheitsvertretungen mit fester Stundenzahl. ait