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Kirchheimer Gastronomen schlagen Alarm

Herausforderung In der Pandemie war der Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden. Jetzt soll er wieder steigen. Von Debora Schreiber

Mehr Zeit haben sich einige Gastronomen aus Kirchheim gewünscht. „Plötzlich ging alles ganz schnell und in drei, vier Tagen hat die Regierung entschieden, dass die Mehrwertsteuer ab Januar wieder auf 19 Prozent angehoben wird“, sagt Jessica Petri, die Inhaberin der Klamotte in Jesingen. 

Infobroschüren sollten gedruckt, Wirte mobilisiert und Bürgerinnen und Bürger auf die schwierige Lage der Gastronomen aufmerksam gemacht werden. „Unsere Gäste sprechen uns


 

„Wir werden dafür bestraft, dass wir die Speisen im Haus anbieten.
Jessica Petri
Die Inhaberin der Klamotte in Jesingen über die niedrigere Besteuerung für Essen to go

 

schon darauf an und fragen, wie sich die Preise entwickeln werden – sie sind natürlich nicht begeistert“, sagt Petri. Es sei klar, dass die Gastronomie die Preise anheben müsse. Besonders ungerecht findet Petri: „Wir werden dafür bestraft, dass wir die Speisen im Haus anbieten. Essen to go wird hingegen nur mit sieben Prozent besteuert.“

„Unsere Zulieferer warnen uns schon, dass sie wegen der 2024 kommenden Maut die Preise im nächsten Jahr erhöhen werden“, sagt Ingried Kümmerle, die Inhaberin der Gaststätte Rößle in Dettingen. Bei den steigenden Energiekosten, der Inflation und den höheren Kosten seitens der Zulieferer befürchtet die Wirtin, dass viele Kollegen das nicht stemmen werden. „Wenn das Essen so teuer wird, kommen Familien mit zwei, drei Kindern bestimmt nicht mehr so oft.“ Dass Döner, Hamburger und alles andere zum Mitnehmen mit sieben Prozent sehr viel geringer besteuert werde, könne sie nicht nachvollziehen. Richtiges Geschirr sei auch sehr viel nachhaltiger. 

„In der Pandemie sind teilweise bei den Gastronomen sechsstellige Beträge ‚verbrannt‘ worden, da hätten die sieben Prozent geholfen, die Preise einfach mal stabil zu halten“, sagt Thomas Heitkamp, der Inhaber des „Zum Hallenwirt“ in Jesingen. Die Preise könne er auch nicht einfach erhöhen, da er davon ausgeht, dass die Gäste wegen der allgemein angespannten Lage nicht mehr kommen, wenn die Speisen zu teuer würden. 

 

Verlängerung gewünscht

Ungerecht findet Jesse Burgmann, der Inhaber von Burgmann’s in Weilheim, dass die Mehrwertsteuer wieder angehoben werden soll. „Während Corona durften viele Geschäfte, wie etwa Drogerien, geöffnet bleiben, die Gastro hat es aber voll erwischt.“ Ganz wichtig ist ihm: „Ich möchte keine Schreckgespenster zeichnen. Es lässt sich auf jeden Fall eine Lösung finden. Man muss eben umdenken und andere Wege einschlagen, aber gerecht ist es nicht.“ Viele Gastronomen hätten sich während Corona einen Kredit beantragt oder Corona-Hilfen in Anspruch genommen – die aus Burgmanns Sicht zu niedrig gewesen sind. Richtig wäre es, den Gastronomen noch ein bis zwei Jahre Zeit zu lassen, um sich einen Puffer anzulegen oder einfach nur die Rückstände aufzuholen. Er selbst möchte die höhere Steuer nicht eins zu eins auf seine Gäs­te umlegen. „Wir versuchen, die Preise so niedrig wie möglich zu halten. Jetzt geht es eben darum, sich neue Strategien und Ansätze zu überlegen. „Es ist eine Herausforderung, aber auch Chance: Wir bekommen das hin. Egal wie wir es umsetzen, wir werden unsere Preise mit unseren Gästen immer transparent kommunizieren.“

 

Wichtig für den Austausch

Das Vorgehen der Politiker findet Burgmann dennoch nicht nachvollziehbar: „Während und vor allem nach Corona hat man ganz deutlich gesehen, wie wichtig es für die Menschen ist, in Bars und Restaurants zu gehen, sich auszutauschen und die Zeit mit Mitmenschen zu genießen. Menschen mit weniger Geld solle das auch möglich sein.  

  

Einweg ist günstiger

Ganz generell sieht Jesse Burgmann hier eine vertane Chance der Politik: Veraltete Regelungen hätten an aktuelle Entwicklungen und veränderte Umstände angepasst werden können. In Restaurants werden jeder Teller und jede Gabel gespült – bei McDonalds und Co hingegen werden Einwegverpackungen und damit Müll produziert.