Die Menschen verreisen wieder – davon lassen sie sich auch durch die Energiekrise und die gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht abhalten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Demnach sparen die Deutschen am Urlaub zuletzt. Nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie gibt es offenbar einiges nachzuholen in Sachen Verreisen. Die Reiselust scheint enorm zu sein. Das wird sich sicherlich auf der CMT zeigen, der großen Touristikmesse, die am 14. Januar auf dem Stuttgarter Messegelände beginnt. Von einem regelrechten Boom berichten aber auch Inhaber und Mitarbeiter von Reisebüros in der Teckregion. Sie freuen sich dieser Tage über viele Anfragen und Buchungen.
„Bei uns ist viel los. Auch spontane Anfragen gibt es etliche. Die Buchungen sind gut“, sagt zum Beispiel Alexandra Heilmann, Büroleiterin des TUI-Reisecenters in Weilheim. Nach zweieinhalb Jahren Corona sei der Nachholbedarf enorm. Es gebe zwar manche, die statt einer Flugreise lieber eine Ferienwohnung bevorzugen, „aber wir haben auch viele hochwertige Anfragen“, fügt Alexandra Heilmann hinzu. Damit meint sie Kreuzfahrten und Flugreisen. „Sehr beliebt sind Griechenland und Spanien, vor allem die Balearen“, informiert die Büroleiterin weiter.
„Nach Corona haben wir lange gebraucht, um uns wieder aufzurappeln. Jetzt sind wir zuversichtlich, dass die Nachfrage in diesem Jahr gut wird“, zeigt sie sich erleichtert, schränkt aber auch ein: „Es kommt darauf an, was in den nächsten Monaten passiert. Der Start in dieses Jahr ist aber schon mal super.“ Was die Preise anbelangt, sagt sie: Pauschalreisen seien teilweise schon teurer geworden, „etwa zehn Prozent“; aber wer früh bucht, könne das eine oder andere Schnäppchen machen beziehungsweise einen Preisvorteil erhalten. Wer hingegen kurzfristig bucht, müsse mit höheren Preisen rechnen.
Generell kann Alexandra Heilmann das Ergebnis der GfK-Studie nur unterschreiben: „Urlaub und Erholung sind den Menschen sehr wichtig. Sie brauchen einen Tapetenwechsel“, betont sie.
Das bestätigt Robin Straub, Büroleiter des „First Reisebüros“ in Kirchheim: „Das Reisen ist zwar schon ein Luxusgut. Aber viele machen lieber woanders Abstriche“, stellt er fest und freut sich riesig: „Die Leute rennen uns momentan die Bude ein. Wir haben mehr als zu tun.“ In den vergangenen zwei Jahren seien die Menschen, bedingt durch Corona, vielleicht an den Bodensee gefahren, „maximal an den Gardasee – jetzt steigen sie wieder in den Flieger“. Beliebt seien für die Zeit zwischen Januar und März Fernziele wie zum Beispiel die Karibik, Mauritius, die Malediven, Mexiko und Thailand. Für den Sommer buchen die Menschen „die gängigen Ziele wie Griechenland, Italien, Portugal sowie die Kanaren und Balearen“.
Seine Kunden seien heiß aufs Verreisen, auch wenn es jetzt vielleicht ein bisschen mehr koste. Urlaub in Griechenland zum Beispiel sei zwischen zehn und 15 Prozent teurer geworden. Für die Balearen und die Kanarische Inseln hingegen bezahle man momentan nicht mehr als früher. Fakt sei: „Jetzt ist das Buchen günstiger als es Mitte des Jahres sein wird“, prophezeit Straub. Was Pauschalreisen zum Beispiel nach Ägypten oder in die Türkei anbelangt, müsse man indes auch schon jetzt tiefer in die Tasche greifen. Allerdings betont der Büroleiter: „Es ist ein Anstieg, aber nicht in dem Maße, wie wir ihn befürchtet haben.“ Wer im Übrigen flexibel sei und anstatt von Stuttgart zum Beispiel von Frankfurt aus fliege, könne so wieder Kosten einsparen.
Auch Enrico Lehmann, Inhaber der „Reisewelt Lehmann“ in Kirchheim, registriert für den Türkei-Urlaub gestiegene Preise. „Die Türkei hat ein Problem mit der Inflation. Deshalb machen viele einen Bogen um den Urlaub dort.“ Es gebe aber genügend andere attraktive Reiseziele. „Die Azoren laufen sehr gut, aber auch Spanien und Portugal.“
Auch Lehmann freut sich über einen sehr guten Start in dieses Reisejahr. „2022 war schon über Erwarten gut und sogar noch besser als 2019, also vor der Corona-Krise“, blickt er zurück. Es seien „viele Nachholeffekte“ nach der Corona-Pandemie zu beobachten gewesen. Aktuell sei die Nachfrage ungebremst. „Es gibt zwar schon die eine oder andere Familie, die noch abwarten will wegen der Energiekrise.“ Aber in der Regel sei zu beobachten, dass sich die Menschen mindestens ein Mal im Jahr Urlaub gönnen. „Ich habe auch Kunden, die zwei oder drei Mal pro Jahr verreisen.“ Manche wollen sich gerade jetzt den Wunsch einer großen Kreuzfahrt oder USA-Reise erfüllen, berichtet Lehmann. „Sie fragen sich: Was passiert sonst mit meinem Geld?“ Wegen Corona habe übrigens so gut wie keiner mehr Bauchschmerzen – deshalb lasse sich praktisch niemand mehr vom Urlaub abhalten.
Insgesamt sei das Verreisen etwas teurer geworden, „aber nicht so, dass man erschrickt und sich dagegen entscheidet“. Urlaub sei den Menschen wichtig. „Auf einer Reise sammelt man so viele Erfahrungen und Eindrücke – die kann einem keiner nehmen.“
Blitzumfrage in Kirchheim zu den Reiseplänen
Ute und Hans Maurer aus Kirchheim: „Im Juni fahren wir nach Ostdeutschland zum Fahrradfahren und Städteanschauen. Auch im Herbst wollen wir verreisen: Entweder machen wir einen Hausbooturlaub oder fahren an die Nordsee. Urlaub ist uns generell wichtig.“
Nina und Bernd Zuschneid aus Leinfelden-Echterdingen: „Im Mai geht es in die Toskana und im Juli nach Südfrankreich. Dort mieten wir beides Mal eine Ferienwohnung. „Generell achten wir schon darauf, wo wir Geld sparen können. Aber in den Urlaub gehen wir trotzdem.“
Martina (64) und Markus (59) Rieger aus Notzingen: „Wir planen momentan, im Herbst in Spanien Urlaub zu machen. Allerdings halten wir uns die Option offen, die Reise auch kurzfristig abzusagen. Wenn die Reise aber insgesamt zu teuer werden sollte, sagen wir sie ganz ab.“
Eberhard Rebmann aus Kirchheim: „Ich habe schon Reisepläne geschmiedet und fahre mit Bekannten ins italienische Pinarella di Cervia. Dort mache ich Urlaub in einem Hotel, in dem ich 1975 der erste Gast war. Der Preis ist mir egal – wenn ich dorthin fahren möchte, mache ich das auch.“
Eva (36) und Andre (38) Prax aus Uhingen: „Wir wissen bis jetzt noch nicht, wo wir dieses Jahr unseren Urlaub verbringen werden. Aber eines ist sicher: Darauf verzichten werden wir nicht. Ob das Verreisen teurer geworden ist, können wir momentan nicht sagen.“
Sofia Cramer (50) aus Kirchheim: „Im März geht es für mich mit einer Reisegruppe auf die Kanarischen Inseln zum Wandern. Und im Sommer sind zwei Wochen Urlaub in Griechenland geplant. Generell bin ich genügsam und brauche nicht viel, aber das Verreisen ist mir wichtig.“ hei