Für die einen ist es der letzte Strohhalm, an den sie sich klammern, für die anderen reine Zeitverschwendung. Fakt ist: Eine Verlängerung der S-Bahnlinie 1 über Kirchheim hinaus bis nach Weilheim wäre im Kosten-Nutzen-Vergleich wirtschaftlich. Eine weitere Durchbindung als Eisenbahnstrecke bis nach Göppingen ist es weiterhin nicht. Die errechneten Baukosten für einen erforderlichen Neubauabschnitt in Bad Boll sind viel zu hoch, egal, ob die Göppinger Kreisgemeinde oberirdisch gequert oder teuer untertunnelt würde. Zu diesem klaren Ergebnis kam schon vor knapp einem Jahr eine detailierte Machbarkeitsstudie, und das bestätigt auch jetzt eine tiefergehende Betrachtung, die der Kreis Göppingen im Nachgang forciert hatte.
Am Gesamturteil lässt sich folglich nicht rütteln. Weder durch mögliche Einsparungen von rund 58 Millionen Euro beim Verzicht auf einen Boller Tunnel. Auch dann nicht, ließe sich das Projekt mit einem möglichen Güterverkehr zum geplanten Weilheimer Gewerbegebiet Rosenloh verknüpfen, was möglicherweise zu einer weiteren Einsparung von 41 Millionen Euro führen könnte. Am Ende würde auch eine optimistischere Prognose bei der Entwicklung von Strukturdaten wie Einwohnerzahl, Arbeitsplätze oder Schüleraufkommen am Ergebnis nichts ändern.
Für die Kreisräte in Esslingen heißt das, es ist nun endlich an der Zeit, sich allein auf das zu konzentrieren, was geht: die S-Bahn nach Weilheim. Am Donnerstag haben sich die Fraktionen im Verwaltungsausschuss des Kreistags einstimmig dafür ausgesprochen, eine durchgehende Schienenvariante bis Göppingen nicht mehr weiter zu verfolgen. Das jetzt
vorliegende Ergebnis sei „glasklar“ unterstrich Landrat Heinz Eininger in der Sitzung. Man habe durch die vertiefte Untersuchung ein weiteres Dreivierteljahr an wertvoller Zeit verloren. „Wir sollten uns jetzt nicht noch weiter verzetteln“. Die gleiche Aussage, nur in anderen Worten, kam von CDU-Fraktionschef Sieghart Friz: Man dürfe sich durch weitere „Nebenkriegsschauplätze“ nicht länger vom Kurs abhalten lassen. Bernhard Richter, Chef der Freien Wähler, hält ohnehin die Bahnverbindung durchs Filstal für die einzig logische Verbindung zwischen Göppingen und der Landeshauptstadt.
Nimmt das Projekt nun also richtig Fahrt auf? Wohl eher nicht. Zwar kam auch der Verkehrsausschuss der für die S-Bahn zuständigen Region in seiner jüngsten Sitzung zum gleichen Ergebnis wie das Kreisgremium am Donnerstag. Währenddessen laufen dort weitere Untersuchungen zu der Frage, wie sich ein Einbinden der kleinen Teckbahn aus dem Lenninger Tal oder eine angedachte Express-Buslinie von Kirchheim nach Stuttgart auf die Gesamtbetrachtung auswirken könnten. Mit einem Ergebnis bei diesen Themen ist laut Regionaldirektor Jürgen Wurmthaler erst nach den Kommunalwahlen am 9. Juni zu rechnen. „Auf jeden Fall aber noch in dieser Legislaturperiode“, betont er. Das hieße vor Beginn der Sommerpause im Juli. Wurmthaler verteidigt die umfangreichen Untersuchungen. Bevor man ernsthaft in eine solche Maßnahme einsteige, müsse sichergestellt sein, dass eine vernünftige Chance bestehe. Schließlich geht das Ganze nicht ohne Förderung durch den Bund. „164 Millionen Euro für nur wenige S-Bahn-Kilometer sind schließlich kein Schnäppchen“, sagt Wurmthaler. Ziel bleibt weiterhin der Einstieg in eine sogenannte Standardisierte Bewertung. Die wiederum ist Voraussetzung für eine Aufnahme ins Bundesförderprogramm.